Begrünungspraxis im Weinbau: Ein Rückblick

von Claudio Niggli

Vor acht Jahren sind im Forschungsweinberg des Delinat-Instituts die ersten Versuche mit Leguminose-Saaten zur Begrünung im Weinbau angelegt worden. Seither ist ein ausgedehntes Netzwerk von Winzern in ganz Europa entstanden, die praxisorientierte Versuche mit verschiedenen Begrünungssystemen durchführen. Inzwischen kommen jährlich über 100 Hektar dazu, auf welchen die Delinat-Saaten im Weinbau eingesetzt werden. Aus der Betreuung und Rückmeldung der Winzer haben sich viele praxisrelevante Einsichten herauskristallisiert, die im Folgenden zusammengefasst werden.
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Die Delinat-Leguminosebegrünungen enthalten einen mittleren bis großen Anteil an Schmetterlingsblütlern wie Klee, Esparsette oder Wicken. Sie sind primär für eine Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und der Biodiversität konzipiert. Der Stickstoffdüngungseffekt ist selbstregulierend, da ab einem gewissen N-Gehalt im Boden die Leguminosen keinen weiteren Stickstoff mehr fixieren. Es existieren 3 Grundsaaten in je zwei geografischen Varianten (Tab. 1). Sie können im Weinbau, in Obstkulturen und in anderen Dauerkulturen eingesetzt werden. Eine Zusammenfassung der Eigenschaften finden Sie in Tab.2.

Allgemeine Eigenschaften von Leguminose-Dauerbegrünungen

Die Dauerbegrünungssaaten bestehen überwiegend aus mehrjährigen Pflanzenarten. Die Pflege der Begrünung kann über mehrere Jahre ohne Bodenbearbeitung stattfinden, womit für eine ganzjährige Bodenbedeckung gesorgt ist.

Aussaat: Als günstigster Saatzeitpunkt hat sich in der Praxis das Frühjahr ergeben, sobald keine größeren Frostgefahren mehr herrschen. Auch Sommer- und Frühherbstsaaten sind möglich, wobei aber für ein erfolgreiches Anwachsen Wetterglück (Wasser!) Voraussetzung ist. Die meisten Arten in den Dauerbegrünungssaaten sind Ruderalpflanzen oder Wiesenpflanzen und in der Regel Lichtkeimer oder indifferent gegenüber Licht. Dies ermöglicht eine vereinfachte Aussaat von Hand mit oberflächlicher Saat ohne nachfolgende Einarbeitung. Das Saatbeet sollte jedoch maschinell gut vorbereitet werden. Eine Einsaat in bestehende Gras-Begrünung ist nur möglich, wenn der Bestand der Grashorste lückig ist.

Biodiversität: In einer dauerhaften Pflanzengesellschaft können sich auch viele mehrjährige Pflanzenarten etablieren und zur Blüte kommen, die sonst durch Bodenbearbeitung unterdrückt werden. Mit der Mischung von ausdauernden, einjährigen und zweijährigen Arten entsteht eine Sukzessionsabfolge, wodurch die Biodiversität sich in der Zeitachse verändert. Existieren im Weinberg mehrere Parzellen mit unterschiedlichen Aussaatjahren, wird durch diese Sukzession die Pflanzenvielfalt auch gesamtbetrieblich stark verbessert. Entsprechend wird auch die biologische Vielfalt der Tiere und Mikroorganismen erhöht.

Unkräuter: Eine Dauerbegrünung kann einjährige, spontan aufkommende Problemunkräuter wie z.B. Amaranth besser unterdrücken, weil der Bewuchs nicht durch Bodenbearbeitung gestört wird. Die konkurrenzstarke Hochwuchsmischung ist hierbei effizienter und lang anhaltender als die Niederwuchsmischung.

Wurzelsystem: Die Strukturqualität und die biologische Aktivität des Bodens hängt zu einem großen Teil von der Durchwurzelungsintensität ab. Viele Pflanzenarten können nur in mehrjährigen Begrünungssystemen eine maximale räumliche Ausdehnung des Wurzelsystems erreichen und so den Boden tiefgründig erschließen und restrukturieren.

Bodenleben: Im ungestörten System der Dauerbegrünung können sich Symbiosen der Begrünungspflanzen mit Bakterien und Pilzen wie Mykorrhizen intensiver entwickeln, was zu einer erhöhten ökologischen Effizienz dieser Partnerschaften führt. Größere Bodenorganismen wie Regenwürmer und Pilze der oberen Bodenschichten können sich optimal vermehren, wenn auf Bodenbearbeitung verzichtet wird.

Kosten: Im Normalfall fallen die Saatgutkosten höchstens einmal alle 4-5 Jahre an. Die Kosten pro Hektar für eine ganzflächige Einsaat bewegen sich im Bereich von 180-200 Euro (exkl. MWST und Transport).

Konkurrenz in Weinbaugebieten mit gemäßigtem Klima: Wo ausreichend Niederschläge fallen und die natürliche Fruchtbarkeit der Böden hoch ist, hat die Dauerbegrünung noch einen willkommenen Konkurrenzeffekt zu den Reben, wodurch Wuchskraft und Ertrag der Reben reguliert werden können.

Konkurrenz in trockenen Gebieten: Ein dauerhafter Bewuchs stellt eine ganzjährige Konkurrenz mit den Reben um Wasser und Nährstoffe dar. Die bodenverbessernden Eigenschaften der Begrünung können diese Nachteile in niederschlagsarmen Gebieten nur begrenzt und meist erst drei Jahre nach der Aussaat kompensieren. Werden bisher unbegrünte Parzellen neu begrünt, kommt es im ersten und vor allem im zweiten Jahr zu reduziertem Wachstum und Ertragseinbußen. Aus diesen Gründen wird in trockenen Weinbaugebieten ein sukzessiver Aufbau der Begrünung empfohlen. Eine ganzflächige Winterbegrünung sollte im Sommerhalbjahr zunächst einer alternierenden Begrünung in jeder zweiten oder dritten Zeile weichen. Alternativ können auch schmale Begrünungsstreifen von 20 – 50 cm Breite in jeder Zeile angelegt werden.

Nährstofffestlegung: In der Wurzelmasse der Grobwurzeln einer Dauerbegrünung werden Nährstoffe fixiert, welche über Jahre nicht remobilisiert werden. Auch in der oberirdischen Biomasse der Dauerbegrünung sind Nährstoffe gebunden, welche ohne Bodenbearbeitung verlangsamt und nur teilweise wieder verfügbar gemacht werden können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Kalium in gewissen Weinbergsböden mit langjähriger, intensiver Dauerbegrünung zum Mangelelement werden kann. Die Hauptursachen scheinen hier in einer reduzierten Mobilität bei geringer Bodenfeuchte und einer frühen Festlegung durch die Begrünung im Frühjahr zu liegen.

Aufbruch und Erneuerung: Dauerbegrünungen sind wie jeder pflanzliche Bewuchs Veränderungen in der Artenzusammensetzung unterworfen. Wird die Pflanzengesellschaft nach einigen Jahren stark durch Gräser oder einige wenige andere Kräuter dominiert, sollte der Boden aufgebrochen und dann neu eingesät werden. Auch bei reduzierter Versorgung der Reben mit Nährstoffen sollte die Begrünung aufgebrochen werden (siehe oben). Dabei sollte der Winzer etappenweise vorgehen und im ersten Jahr nur jede zweite Fahrgasse bearbeiten und die Begrünung erneuern, im Folgejahr dann den Rest der Fläche bearbeiten. Diese Maßnahme hilft, eine hohe Biodiversität aufrecht zu erhalten und bietet Nützlingen Rückzugsmöglichkeiten in der verbleibenden Begrünung.

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Delinat Dauerbegrünung Hochwuchs

Einsatzbereich: Die hohe Artenvielfalt und die damit verbundene Anpassungsfähigkeit ermöglicht einen Einsatz auf praktisch allen Bodentypen und in unterschiedlichen Klimata. Geeignet ist dieser Begrünungstyp allerdings nur für tiefgründige Böden von mindestens 1,5 m.

Aussaat: Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei der Aussaat ein Abstand von mindestens 60 cm zu den Rebzeilen eingehalten werden sollte. Nur so kann ein Überwuchern des Unterstockbereiches verhindert werden. Ein 50 cm breiter Begrünungsstreifen in der Mitte der Fahrgasse ist ausreichend. Der Einsatz von Hochwuchsbegrünung nur in jeder zweiten Fahrgasse ist in trockenen Weinbaugebieten angeraten. Bei maschineller Saat ist die Gefahr einer starken Entmischung groß, da die Samen sehr unterschiedliche Größen haben.

Abb.1 Links Hochwuchsbegrünung im 2ten Jahr (2011). Rechts reine Bienenweide, welche seit 2012 Teil der Hochwuchsbegrünung ist..

Biodiversität: Die Hochwuchsmischung ist mit rund 50 Arten die artenreichste Delinat-Saat, und nach unserem Wissen weltweit die artenreichste Weinbergs-Begrünungssaat. Es kann allerdings nicht mit dem Aufkeimen aller 50 Arten gerechnet werden, da durch die vorherrschenden Boden- und Umweltbedingungen immer eine gewisse Selektion stattfindet. Auf jedem Boden wird sich also eine leicht andere Artenzusammensetzung ergeben. Es hat sich gezeigt, dass auf sehr fruchtbaren Böden und in niederschlagsreichen Gegenden die Artenvielfalt eher geringer als bei magereren Verhältnissen ist.

Artenabfolge: Zur Blüte kommen im ersten Jahr zerstreut einige wenige Arten wie Kornblume oder Mohn, die restlichen Arten zeigen nur vegetatives Wachstum. Im zweiten Jahr dominiert meist der gelb blühende Steinklee das Bild. Er wächst sehr hoch und bildet zähe Stängel, welche im Sommer nur noch schlecht zu walzen sind. Diese Art ist aber ein zweijähriger Pionier, der im Herbst des zweiten Jahres abstirbt und offene Böden bevorzugt. Ab dem dritten Jahr dominieren ausdauernde Leguminosen und Kräuter das Bild.

Wuchshöhe: Einzelne Arten der Hochwuchsmischung wie Steinklee oder Königskerzen können, sofern sie nicht gewalzt oder gemäht werden, im zweiten Jahr nach der Aussaat bis zu 180 cm Wuchshöhe erreichen. Dabei handelt es sich vorwiegend um zweijährige Arten, welche ab dem dritten Jahr bereits stark durch die ausdauernden Pflanzen zurückgedrängt werden. Ab dem dritten Jahr bewegt sich die maximale Wuchshöhe dann im Bereich zwischen 100-120 cm.

Biomasse: Die Produktion von Biomasse ist entsprechend der hohen Wuchsform und des schnellen Wachstums der meisten Arten sehr hoch. Dies begünstigt die Anreicherung von organischer Masse im Boden und damit den Humusaufbau.

Pflege: Das starke Wachstum der Hochwuchsbegrünung erfordert entsprechende Pflege. Die Hochwuchsbegrünung kann gemulcht, gemäht oder gewalzt werden (mit Lamellen- oder anderen Knickwalzen, z.B. Rolojack). Das Mulchen oder Mähen sollte nicht tiefer als 10 cm über der Erdoberfläche angesetzt werden, da sonst Gräser und Weißklee gefördert werden, was relativ rasch zu einer starken Abnahme der Artenvielfalt führt. Zur Förderung von Nützlingen sollte der Bewuchs erst bei Trockenheit im Frühsommer unterdrückt werden. Je früher die Begrünung gemulcht oder gemäht wird, desto weniger Pflanzen erreichen die Saatreife, was mit der Zeit zu einer Verarmung der Samenbank im Boden und der Begrünungsgesellschaft führt. Will der Winzer konsequent verhindern, dass hochwüchsige Pflanzen Samen bilden, welche dann teilweise etwas näher an den Rebzeilen zu liegen kommen, muss er den Bewuchs vor der Samenreife unterdrücken. Wird die Praxis der frühen Mahd verfolgt, muss nach 4-5 Jahren eine Erneuerung der Begrünung durch Neueinsaat vorgenommen werden. Im Unterschied zum Mulchen und Mähen wird die Biodiversität der Begrünungsmischung durch frühes Walzen weniger beeinträchtigt.

Frostgefahr: In milden Wintern können schon früh im Jahr beträchtliche Wuchshöhen erreicht werden. Wenn nach dem Austrieb der Reben Spätfröste angekündigt sind, sollte die Winterbegrünung gemäht, gewalzt oder gemulcht werden.

Bodenbedeckung: Durch den dichten Bewuchs wird die Beschattung des Bodens erhöht. Wird die Hochwuchsbegrünung gewalzt, entsteht eine mächtige organische Auflageschicht, welche den Boden vor Austrocknung schützt.

Wurzelsystem: Die wuchskräftigsten Arten der Mischung weisen ein tief reichendes Wurzelsystem auf. So können auch die untersten Bodenschichten belüftet, restrukturiert und mit organischer Masse angereichert werden.

Kosten: Im Idealfall muss die Hochwuchsmischung nur ein einziges Mal eingesät werden. Zur Erneuerung der Pflanzengesellschaft reicht dann eine oberflächliche Bodenbearbeitung. Auch wenn sich von Jahr zu Jahr kein identischer Nachwuchs einstellt, so wird doch immer wieder eine vielfältige Begrünung aufwachsen. Ausnahme: Wird die Begrünung bereits ab dem ersten Jahr schon vor der Samenreife und mehrmals pro Jahr gemäht, ist eine Selbstaussaat der Pflanzen nicht möglich. In solchen Fällen ist eine Neueinsaat nötig.

Konkurrenz: Der Wasserverbrauch und die Reduktion der Nährstoffverfügbarkeit ist in trockenen Lagen relativ hoch und in langen Trockenphasen kritisch. Die Konkurrenz lässt sich durch die Wahl eines extensiven Begrünungssystems (alternierende Begrünung) und entsprechende Pflegemaßnahmen (walzen) jedoch stark reduzieren. In sehr trockenen Jahren wie 2011 ist im Wallis eine intensive Hochwuchs-Dauerbegrünung in jeder Fahrgasse ohne Bewässerung für die Rebkultur nicht tragbar.

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Delinat Dauerbegrünung Niederwuchs

Allgemeine Hinweise: Die Delinat Niederwuchssaat ist ursprünglich als Untersaat zum Einsatz in den Zeilen im Bereich der Rebstöcke entwickelt worden. Sie bietet sich aber auch für einen ganzflächigen Einsatz oder sogar nur als Fahrgassensaat an. Der größte Teil der Pflanzen wächst bis auf eine Höhe von 20 cm über der Erdoberfläche. In voller Blüte und bei reicher Wasserversorgung können die längsten Blühtriebe 30-40 cm hoch werden.

Abb.2 Links: Niederwuchsbegrünung im 2.Jahr, der Hopfenklee dominiert. Rechts: Niederwuchsbegrünung im 3.Jahr, Hornklee und Weißklee dominieren.

Einsatzbereich: Die Niederwuchssaat kann sowohl unter trockenen Bedingungen wie auch in feuchteren Weinbaugebieten erfolgreich eingesetzt werden. Auf sehr fruchtbaren Böden ist die Mischung konkurrenzschwach. Die Saat ist relativ gut befahrbar. Wird die Mischung zur Fahrgassenbegrünung verwendet, kann die Breite des Saatstreifens je nach Niederschlagssituation frei gewählt werden, sollte aber mindestens der Arbeitsbreite der größten Maschine entsprechen.

Biodiversität: Die Artenvielfalt ist relativ eingeschränkt. Die Begrünung wird von drei Hauptarten dominiert: Gelbklee, Hornklee und Weißklee. Daneben findet sich in kleinsten Mengen Saatgut von verschiedenen Kräutern. Der niedrige Anteil an Nicht-Leguminosen ist kostenbedingt.

Artenabfolge: Im Aussaatjahr bildet sich ein Teppich aus Hopfenklee, der im Folgejahr früh zur Blüte kommt und im Sommer abstirbt. Später dominieren Hornklee und Weißklee.

Pflege: Im Optimalfall (bei geringem Unkraut- und Grasdruck) kann in den ersten zwei Jahren auf jegliche Pflege verzichtet werden, da bei moderner Erziehung der Reben (Traubenzone 50 cm oder mehr) die Wuchshöhe der Pflanzen nie ein störendes Niveau erreicht. Deshalb kann die Niederwuchssaat auch dort eingesetzt werden, wo gänzlich auf den Maschineneinsatz verzichtet werden soll. Im Aussaatjahr sollte lediglich ein hoher Säuberungsschnitt durchgeführt werden (10-15 cm über Boden), um unerwünschte Beikräuter an der Samenbildung zu hindern. Punktuell muss auch später durch gezielte Mahd oder ausreißen/ausstechen gegen Unkräuter vorgegangen werden.

Unkraut: Die Unkrautunterdrückung im ersten und zweiten Jahr ist gut, sofern sich die Niederwuchs-Begrünung wunschgemäß etabliert. Im dritten Jahr entstehen als Folge des Absterbens von Hopfenklee Lücken in der Vegetation. Diese können im Idealfall vor allem von jungen Hopfenkleekeimlingen, Gräsern und nützlichen Wildkräutern besiedelt werden. In manchen Fällen breiten sich aber in dieser Phase auch wieder Problemunkräuter aus. Die Begrünungsgeschichte der Parzelle, die Samenbank im Boden und die ansässige Flora rund um den Weinberg sind für den Verlauf der Begrünungsgesellschaft entscheidend.

Biomasse: Die Niederwuchsbegrünung produziert verhältnismäßig wenig Biomasse, insbesondere auf mageren und trockenen Böden. Der Aufbau eines erodierten Bodens und die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und des Humusgehaltes dauern daher länger als mit anderen Begrünungstypen.

Konkurrenz: Die direkte Konkurrenz zwischen Begrünungspflanzen und Reben um Wasser und Nährstoffe ist geringer. Dadurch ist ein Einsatz auch auf extremen Trockenstandorten möglich, wobei hier jedoch eine ganzflächige Begrünung erst sukzessive aufgebaut werden sollte. Eine der drei Hauptleguminosen, der Hopfenklee, stirbt im Laufe des Sommers im zweiten Begrünungsjahr ab, wodurch die Konkurrenz um Nährstoffe verringert und ein erster Mineralisationsschub ausgelöst wird. Dadurch werden Wachstumsdepressionen, wie sie in neu begrünten Parzellen mit Herbizid-Vorgeschichte zu beobachtend sind, im zweiten Jahr merklich abgedämpft.

Delinat Winterbegrünung

Allgemeine Hinweise: Für detaillierte Informationen zum Prinzip der Winterbegrünung verweisen wir auf den Ithaka Artikel: Winterbegrünung im Weinbau. Die Winterbegrünung wurde für Weinbaugebiete mit ausgeprägter Sommertrockenheit und armen Böden konzipiert. Die feuchten Wintermonate sollen für das Biomasse-Wachstum genutzt werden, im Sommer wird die Begrünung unterdrückt. Die Winterbegrünungssaat enthält Leguminosen, Getreide und Kreuzblütler zu ungefähr gleichen Anteilen. Die Leguminosen dienen primär als Stickstoffproduzenten, die Getreide als Mulchaufwertung und die Kreuzblütler als Nährstofffänger im Herbst.
Abb.3 Winterbegrünung. Links dominiert der Raps das Bild. Mitte: Der Raps war aufgrund später Saat und sehr kalten Winterphasen erfroren, Roggen dominiert. Rechts: Inkarnatklee in Blüte zwischen Wicke und Roggen.

Einsatzbereich: Die Saat lässt sich in unterschiedlichen Boden- und Klima-Bedingungen etablieren, vorausgesetzt es gibt ein Minimum an Winterniederschlägen. Sie ist vor allem für sommertrockene Gebiete geeignet. Sehr leichte, sandig-kiesige Böden sind eher ungünstig.

Aussaat: Die Saat wird im Frühherbst nach den letzten Pflanzenschutzspritzungen noch vor der Ernte ausgebracht, damit sich die Pflanzen vor den ersten Frösten ausreichend entwickeln können. Bei zu später Saat hat sich gezeigt, dass die Kreuzblütler in kalten Wintern komplett abfrieren. Das Saatbeet sollte gut vorbereitet werden. Eine Einsaat in bestehende Vegetation ohne vorangehende Bodenbearbeitung ist zum Scheitern verurteilt. Ideal ist eine Saattiefe von 1-2 cm mit nachfolgendem Andrücken durch eine Walze. Die Wintersaat ist eine Mischung aus Grob- und Feinsämereien, deshalb sollte die Saat keinesfalls tiefer als 2 cm zu liegen kommen und nur leicht mit Erde bedeckt werden. Die Winterbegrünung kann in der Fahrgasse grundsätzlich breiter ausgesät werden als die Hochwuchsbegrünung. Soll die Winterbegrünung im Sommer lange stehen bleiben, wird bei der Saat ein Abstand von 40 cm zu den Rebzeilen empfohlen. Bei maschineller Saat ist die Gefahr einer starken Entmischung aufgrund der unterschiedlichen Samengrößen zu beachten.

Biodiversität: Die Artenvielfalt dieser Delinat-Saat ist im Vergleich zu anderen Winterbegrünungen hoch. Die Kreuzblütler (Winterraps und Winterrübsen) sind ökologisch besonders wertvoll, da sie bereits früh im Jahr für ein reiches Blütenangebot sorgen. Sie bilden zu Beginn der Saison den ersten gelben Farbtupfer im Weinberg. Die Blüten von Inkarnatklee, Wicke und Erbse werden sehr gerne von Insekten besucht.

Pflege: Die Winterbegrünung wird im Frühjahr umgebrochen, gemäht, gemulcht oder gewalzt. Ist eine möglichst schnelle Verfügbarkeit von Nährstoffen gefragt, muss die oberirdische Grünmasse in den Boden eingearbeitet werden. Der Bearbeitungszeitpunkt sollte grundsätzlich zur Maximierung der Biomasse und aus ökologischer Sicht (Blütenangebot) möglichst weit hinausgezögert werden. Zugleich muss darauf geachtet werden, dass der Boden noch feucht ist (biologische Aktivität) und die Biomasse bis zum Zeitpunkt des Hauptnährstoffbedarfs der Rebe (Blüte) größtenteils mineralisiert werden kann. Je nach Maßnahme werden die Nährstoffe unterschiedlich schnell mobilisiert. Je weiter rechts die Pflegemaßnahme in der folgenden Reihenfolge liegt, umso früher im Frühjahr sollte sie angesetzt werden: Pflügen > Schwergrubbern > Eggen > Mulchen > Mähen > Walzen. Bei zu frühem Schnitt im Frühjahr besteht die Möglichkeit, dass einige Pflanzen wieder austreiben, wodurch eventuell eine zweite Pflege im Sommer nötig wird. Bei spätem Schnitt im Frühsommer besteht die Gefahr gebremster Mineralisation, was eine Nährstoffblockierung zur Folge haben würde. Der Mulch wird bis zum Sommer immer faserreicher, was zu einem ungünstigen C/N-Verhältnis und zur Immobilisierung von Stickstoff führen kann.

Frostgefahr: Wenn nach dem Austrieb der Reben Spätfröste angekündigt sind, sollte die Winterbegrünung gemäht, gewalzt oder gemulcht werden.

Unkraut: Die Winterbegrünung kann bei erfolgreichem Anwachsen im Herbst Unkräuter gut unterdrücken. Im Sommer entstehen nach den Pflegemaßnahmen Lücken, welche von der Begleitflora wieder besiedelt werden. Wird der Boden im Frühling oder Frühsommer bearbeitet, wird sich in Abhängigkeit der Sommerniederschläge eine mehr oder weniger starke Spontanbegrünung einstellen. Mit einer erneuten Bearbeitung und Einsaat im Herbst kann diese unterdrückt werden.

Biomasse: Die Winterbegrünung ist so konzipiert, dass bis zur Rebblüte eine hohe Biomasse produziert werden kann. Diese wird eingearbeitet oder in eine vor Austrocknung schützende Auflage umgewandelt, welche den Boden mit organischer Substanz anreichert. Die Biomassebildung bis zum Frühjahr hängt stark vom Aussaatzeitpunkt im Herbst, vom Aufkommen der Jungpflanzen und vom Verlauf der Winterwitterung ab. Bei früher Saat, guter Etablierung und mild-feuchten Winterphasen kann die Winterbegrünung im Frühjahr rasch große Mengen an Biomasse produzieren und die gesamten von der Rebe benötigten Nährstoffe zur Verfügung stellen. Eine zusätzliche Düngung erübrigt sich dann.

Erneuerung: Die Winterbegrünung kann sich nur selbst erneuern, wenn die Pflanzen reife Samen bilden können. Dies erfordert eine Standzeit bis in den Frühsommer hinein, was aus Sicht der Nährstoffverfügbarkeit für die Rebe ungünstig ist. Im Herbst muss dann, falls es nicht schon im Sommer erfolgt, eine oberflächliche Bodenbearbeitung durchgeführt werden, damit sich die Winterbegrünung erneut etablieren kann. Wurde die Begrünung bereits im Frühjahr unterdrückt, werden wohl nur die frühblühenden Kreuzblütler Raps und Rübsen Samen für eine nächste Generation bilden. In einem solchen Fall ist eine Neueinsaat im Folgeherbst notwendig.

Konkurrenz: Die Winterbegrünung wächst während der Vegetationsruhe der Rebe, daher lässt sich eine Konkurrenz zur Rebe bei rechtzeitigem Umbruch oder Walzen ausschließen. Da die ein- und zweijährigen Arten normalerweise nach der Bearbeitung nicht wieder aus der Wurzel austreiben, kommt es auch während der Saison zu keiner nennenswerten Konkurrenz.

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Bezugsquellen der Delinat-Saatmischungen

Die Saatmischungen erhalten Sie bei folgenden Anbietern:

Camena Lauenau (Deutschland und EU): www.camena-samen.de, Tel.: +4950431075

Sativa Rheinau (Schweiz): www.sativa-rheinau.ch,  info@sativa-rheinau.ch

AB2F concept: Michel Fritsch (Frankreich): www.ab2f.fr, fritsch.michel@ab2f.fr

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Begrünungssysteme

Eine allgemein gültige Patentlösung existiert bei der Begrünung von Weinbergen nicht. Neben Lage, Boden, Klima, Maschinenpark und Zielsetzung entscheiden auch die persönlichen Vorlieben des Winzers. Abb.4 zeigt eine Auswahl möglicher Begrünungssysteme.

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Abb.4 Darstellung verschiedener Begrünungssysteme

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