Klimabilanz für Biogas aus Maismonokulturen

von Hans-Peter Schmidt

Neben Solar- und Windenergie spielt die energetische Nutzung von Biomasse eine zentrale Rolle, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu durchbrechen. Doch der Anbau von industriellen Monokulturen zur Gewinnung von Biomasse verursacht Umweltschäden, die von deren Nutzen für die Klimabilanz nicht aufgewogen werden. Durch die gezielte Verknüpfung ökologischer Gestaltungselemente könnten Biomasseplantagen die Biodiversität fördern, die Bodenfruchtbarkeit verbessern und zugleich den Energieertrag verdoppeln.

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Um die Klimaerwärmung bis zum Jahr 2050 auf 2° Celsius zu begrenzen, muss der CO2-Ausstoss weltweit um mindestens 80% gesenkt werden. Dies lässt sich nur erreichen, wenn die gesamte Stromproduktion auf erneuerbare Energiequellen umgestellt wird. Doch auch dies wird nicht genügen, wenn nicht auch die Treibstoffe für Transportfahrzeuge und die Brennstoffe für die Produktion von Baumaterialien sowie für die Metall- und  Düngemittelherstellung aus erneuerbaren Energienquellen gewonnen werden. Denn allein die Landwirtschaft verursacht rund 15% der Treibhausgase und besetzt damit fast das gesamte Kohlenstoff-Kontingent, das im Jahre 2050 noch zur Verfügung steht.

Es ist zu vermuten, dass ein Großteil der weltweiten PKW-Flotte bis 2050 auf Strombetrieb umgestellt sein wird, allein schon weil der Fahrkomfort fasziniert und die Kilometer-Kosten deutlich geringer als bei konventionellen Fahrezeugen sein werden. Lastwagen, Flugzeuge, Schiffe und Traktoren werden allerdings auch in Zukunft auf energiereiche Brennstoffe angewiesen sein. Gleiches gilt für die Metallbranche und für die Raffinierung von Rohstoffen, bei denen dauerhaft hohe Temperaturen gebraucht werden. Erdöl, Erdgas und fossile Kohle können dabei von Biogas, Wasserstoff, Pyrolysegas und Biokohle ersetzt werden.

Ein Teil des Biogases und des Wasserstoffes wird zwar allein schon zu Zwecken der Energiespeicherung aus erneuerbarem Strom hergestellt werden, der voraussichtlich größere Teil der Treibstoffe wird aber aus Biomasse gewonnen werden müssen. Hierfür stehen verschiedene Technologien wie Ethanolgewinnung (z.B. aus Zuckerrohr), Ölgewinnung (z.B. aus Raps), Methangewinnung (aus Gülle, Mais, Gras, Algen) oder Biokohlegewinnung (z.B. aus Kurzumtriebsplantagen) bereit, die eine jede in ihrem Bereich ihre Berechtigung hat, die aber alle noch starken Innovations- und Optimierungsbedarf haben. Dies betrifft nicht nur die Verbesserung des energetischen Wirkungsgrades, sondern insbesondere die Nutzung der Abfallstoffe aus diesen Prozessen (Gärreste, Ölkuchen, Trester) und vor allem die ökologische Bilanz ihrer Herstellung.

Biomasse ein Schlüsselelement

Die Herstellung von Energie und Rohstoffen aus Biomasse wird zu einem Schlüsselelement für die Schließung der Stoff- und Energiekreisläufe und wird unverzichtbar sein, um die Klimaschutzziele bis 2050 zu erreichen. Bereits heute werden in Deutschland knapp 70 Prozent der erneuerbaren Energien aus Biomasse erzeugt. Allein durch die Biogasproduktion werden 14,4 Prozent des erneuerbaren Stroms und fast 12 Prozent der erneuerbaren Wärme bereitgestellt. Bis 2020 sollen 10% des deutschen Primärenergiebedarfs aus Biomasse gewonnen werden (siehe Quellen des BMELV).

Die Notwendigkeit zur Nutzung von Biomassen wird den Druck auf die ökologischen Ressourcen des Planeten in den nächsten Jahren rasant erhöhen. Die begrenzt verfügbare Landfläche und die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion wird zu einer Verknappung des Rohstoffs Biomasse führen. Um zu verhindern, dass dies mittelfristig zu Hungersnöten und ökologischen Katastrophen führt, ist es von zentraler Bedeutung, den Anbau von Lebensmitteln und Biomasse nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch zu intensivieren und für eine gerechte Verteilung und Planung zu sorgen.

Klima- und Energiebilanz der Biogasherstellung durch Maismonokulturen

In Deutschland wurden 2010 auf rund 500'000 Hektar Mais für die Erzeugung von Biogas angebaut (Quelle). Dabei werden auf einem Hektar im Durchschnitt 12 t Trockenmasse Mais zur Herstellung von Silage erzeugt. Es werden dafür im Schnitt 200 kg Stickstoff, 100 kg Phosphat und 150 kg Kali gedüngt. Die Erzeugung, Lagerung, Ausbringung und Ausgasung dieser Düngemittelmengen verursacht Treibhausgasemissionen von rund 2 t CO2 pro Hektar (siehe Tabelle 1).

Klimabilanz für die Düngung eines Hektar Mais in Intensivkultur.

Für Anbau, Bodenbearbeitung, Herbizide, Ernte, Häckseln, Transport zur Biogasanlage und Silierung werden rund 150 l Diesel pro Hektar verbraucht, was einem CO2-Äquivalent von 0,4 t / ha entspricht. Weiterhin muss für die Klimabilanz beachtet werden, dass im Schnitt 2% des erzeugten Biogases in die Atmosphäre entweicht, was pro Hektar einem CO2-Äquivalent von 2,2 t entspricht. 18% der methanisierten Biomasse fällt als Gärrest an, der zwar wieder auf die Felder zurückgeführt wird, dort aber verrottet und somit wieder als CO2 in die Atmosphäre zurückgelangt. Insgesamt addiert sich dies für den einen Modellhektar Mais zu Emissionen von 12 t CO2equ. Da der Mais auf dem einen Hektar 19,7 t CO2 assimiliert, werden rund 7,7 t mehr CO2 assimiliert, als für die Herstellung von Biogas aufgewendet werden müssen. Die Klimabilanz ist also durchaus positiv, doch nur solang das Methan nicht verbrannt wird, eben dafür wird es jedoch hergestellt...

Werden die rund 4,5 t Methan, die aus der Ernte von 12 t TM Mais produziert werden können, verbrannt, entstehen 12,4 t CO2. Damit entstehen im gesamten Kreislauf der Produktion und Verbrennung des Biogases 23,8 t CO2, während vom Mais lediglich 19,7 t CO2 assimiliert werden. Wird das Methan zur energetischen Nutzung verbrannt, ist die Klimabilanz des gesamten Prozess mit rund 4 t CO2 pro Hektar eindeutig negativ.

Tab.2: Klimabilanz für die Produktion von Biogas aus Mais bei konventioneller Intensivproduktion.

Wird das Methan verstromt, wie es gegenwärtig meist der Fall ist, können 14'000 kWh Strom erzeugt werden. Stellt man dies den Emissionen von 4,4 t CO2 gegenüber, so werden ohne Abwärmnutzung 330 g CO2 pro kWh Strom verbraucht. Ein Wert, der nur unwesentlich unter dem Wert für fossiles Erdgas liegt und etwa 10mal über dem Wert für die Erzeugung von Solarstrom. Wird die Abwärme aus der Biogasverstromung in Fernwärmenetzen genutzt, verbessert sich die Klimabilanz deutlich. Am besten aber wäre es, wenn das Biogas entsprechend aufgereinigt und direkt als Treibstoff für den Fahrzeugantrieb verwendet wird, da es dann deutlich klimaschädlicheres Erdöl ersetzen würde.

Entgegen der selbst von der deutschen Bundesregierung aufgestellten Behauptung, dass Biogas klimaneutral sei, da nur der von den Pflanzen zuvor aufgenommene Kohlenstoff energetisch verwertet würde, zeigt die obige Berechnung, dass die Verstromung von Biogas aus Maissilage eine deutlich negative Klimabilanz aufweist.

Ökointensivierung der Biomasseerzeugung

Das zweite Kapitel dieses Artikels über die Verbesserung der Öko- und Klimabilanz bei der Erzeugung von Biomasse finden Sie hier: Biomasseproduktion durch Klimafarming.

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  • Liv
    27.06.2012 08:54

    Wohin das Auge schaut, überall wird Raps angebaut. Demgegenüber muss Getreide in großen mengen importiert werden. Was brauchen wir nun nötiger: Energie oder was zwischen die Zähne? Gute Frage, gell?

  • Jochen Binikowski
    28.06.2012 12:33

    Bio-Energie wird gleich zweifach subventioniert: Die Anbau-Flächenprämien von ca. 340 €/ha sowie die absurd hohen Einspeisevergütungen. Das führt zu stark steigenden Pachtpreisen die den Anbau regulärer Feldfrüchte zunehmend unrentabel macht, auf Dauer also noch mehr Agrarsubventionen erfordert. Der Teufel wird mit dem Bezelbub vertrieben.

    Bio-Energie macht nur dann Sinn wenn ansonsten unverwertbare Biomasse genutzt wird und/oder der Anbau von Energiepflanzen die Überproduktion nebst Preisverfall von Nahrungspflanzen reduziert. Durch das EEG sind aber Fakten geschaffen worden: Tausende Landwirte sitzen jetzt für Jahrzehnte auf Millionenkrediten für ihre Biogasanlagen, im Pleitefall geht der bäuerliche Grundbesitz an die Banken und wird von diesen meistbietend an industrielle Agrarbetriebe verscherbelt.

    Das ist ganz großes Subventions-Kino.

  • xar61
    29.08.2012 22:12

    Die Erforschung neuer Stereo-Energiearten benötigt Zeit und vor allem Geld und genau hierhin sollten alle Subventionen aus den Energiemarkt fließen. Denn nur dann werden wir egal wo wieder Brot wie auch die bezahlbare Energie haben. Der Mensch produziert an einem Tage wie viel Müll? Natürlich ist Müll, dreckiger Strom, wenn man ihn ordentlich reinigt und die Reinigung auch von unabhängigen überwacht (nicht auf dem Papier), wieviel Ökostrom kommt am Ende wohl raus? Denn schließlich brauchen wir unter dem Strich weniger Kosten für die Unterhaltung der Müllhalden auszugeben, ... Was wir wieder brauchen ist eine Multistrom - und eben keine Monostromlösung. Importiere ich mir ein Brot oder ziehe ich den subventionierten und überteuerten Öko-Saft aus der Dose, dafür habe ich Nulltoleranz. Was wir wieder brauchen ist ein sauberer und fairer Wettbewerb unter den Anbietern. Wir müssen wieder zurück kommen zu den alten Werten und eben nicht wie derzeit die Mißleistung noch Prämieren.

  • DS
    01.09.2012 10:13

    Es hilft alles nichts: In erster Linie müssen wir unseren "energiesüchtigen Wirtschafts- und Lebensstil" ändern. Insbesondere, da echte verträgliche also wirklich nachhaltige Energiegewinnungs-Lösungen für unseren jetzigen Energiebedarf noch in weiterer Ferne sind (und ich bin keine Pessimmistin, dass es breit anwendbare, diverse und tatsächlich nachhaltige technische Verfahren und Lösungen zur Energiegewinnung in fernerer Zukunft geben wird). Energieeinsparung ist am wichigsten - wenn auch wenig lukrativ oder wirtschaftsfördernd in unserer heutigen auf Konsum- bzw. Wirtschaftswachstum aufbauenden gesellschaftlichen Strukturen. Erst der "verbleibende Rest" an Energiebedarf sollte überwiegend aus nichtbiogenen regenerativen Energiequellen und nur ein kleiner Teil - falls überhaupt noch nötig - aus biogenen Energiequellen gedeckt werden müssen. Pessimistisch bin ich in Bezug auf die Zeit, die uns noch bleibt, für diese m.E.n. dringend notwendige und tiefe Kulturrevolution. Die gute Nachricht ist, dass wir mit dieser Revolution begonnen haben und das jeder von uns sofort in seinem eigenen persönlichen Umfeld sehr praktisch damit beginnen kann, ein "Energylight-Leben zu entdecken und zu praktizieren. Das reicht natürlich nicht. Viele gute Anregungen für ein Energy-Light-Leben kann man u.a. neben den klassischen Quellen auch direkt persönlich und praktisch in Permakultur- oder auch Transition Town Initiativen vor Ort oder in Ökodörfern erfahren und erleben. ... change by design or by desaster...

  • Michael
    16.02.2016 10:54

    Man kann das Stroh von Getreide und Mais energetisch nutzen. Am besten man verschwelt das Stroh bei 300 Grad und gewinnt daraus Kohle ,Öl und Gas. Aber die Körner können die Menschen als Nahrungsmittel essen. Als Brot, Gemüse ,Polenta. Man muß nicht die komplette Pflanze als Energie nutzen

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