Bürgerbewegung gegen Klimawandel

von Gerald Dunst & Lukas Bühler

In der Steiermark haben sich sechs Gemeinden zu einer Ökoregion zusammengeschlossen. Ziel ist nicht nur die Energieversorgung aus erneuerbaren Ressourcen, sondern eine ökologische Kreislaufwirtschaft ohne Abfälle. Nach dem Vorbild der Terra Preta werden biologisch hochaktive Böden zu Kohlenstoffsenken und Mutterboden für gesunde Nahrungsmittel. Gerald Dunst, der Vordenker und Hauptinitiator des Projektes, äußert sich im Interview mit Lukas Bühler über Humuswirtschaft, Biokohle, Basisdemokratie und regionale CO2-Zertifikate.

Ithaka: Herr Gerald Dunst, Sie engagieren sich in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft in der Ökoregion Kaindorf. Was war die Motivation zur Gründung der Ökoregion Kaindorf?

Gerald Dunst: Im Jahr 2007 haben wir den IPCC Bericht studiert. Da wurde uns klar, dass wir etwas tun müssen, um dem Klimawandel entgegen zu wirken. Daraus entstand die Idee, die Ökoregion Kaindorf ins Leben zu rufen.

Vergleich zweier benachbarter Böden, der linke aus konventioneller Landwirtschaft, der rechte nach Umstellung auf Humuswirtschaft
Durch die Erhöhung des Humusgehaltes im Boden um 1% lässt sich das Äquivalent von ca. 100 t CO2 pro Hektar speichern. Vergleich zweier benachbarter Böden. Der auf der linken Seite stammt aus konventioneller Landwirtschaft, der auf der rechten Seite entstand nach der Umstellung auf Humuswirtschaft.

Ithaka: Welche Ziele verfolgen Sie in der Ökoregion Kaindorf? Welche Aufgabe hat die Arbeitsgruppe Landwirtschaft.

Gerald Dunst: Wir haben für die gesamte Ökoregion Kaindorf das Ziel, bis zum Jahr 2020 CO2-neutral zu werden. Um dies zu erreichen, haben wir verschiedene Arbeitsgruppen gegründet, die sich jeweils mit einem ausgewählten Themenkreis beschäftigen. Dazu gehören z.B. je eine Arbeitsgruppe zu den Themen Energiesparen, Mobilität, Wohnungsbau, Kaufverhalten sowie zu Wind und Wasser… Sehr schnell wurde uns jedoch klar, dass wir unser Ziel ohne den Einbezug der Landwirtschaft nicht erreichen werden. Zwar ist die Einsparung von Ressourcen sehr wichtig und auch die Bereitstellung von alternativer Energie, wie Windstrom. Dazu braucht es jedoch zusätzlich eine Methode, die den Anteil der in der Landwirtschaft freigesetzten Klimagase bindet. Nur so ist eine neutrale CO2 -Bilanz zu erreichen.

Wir wollen durch Humusaufbau im Boden aktiv Kohlenstoff aus der Luft binden. Gleichzeitig bereiten wir damit unsere Böden auf den bevorstehenden Klimawandel vor, da der Aufbau einer starken Humusschicht das Wasserrückhaltevermögen und das Einsickern von Wasser in den Boden fördert. Dadurch können die immer stärker werdenden Niederschläge aufgefangen und das Wasser kann vom Boden aufgenommen werden. Somit steht in einer darauf folgenden Trockenperiode den Pflanzen genügend Wasser zur Verfügung. Ein höherer Humusanteil im Boden vermindert effizient die negativen Folgen einer veränderten Niederschlagsverteilung.

Ithaka: Ihr Ziel ist ein humusreicher Landwirtschaftsboden mit hohem, stabilem Kohlenstoffgehalt. Wie gehen Sie dazu vor?

Gerald Dunst: Wir produzieren Kompost, der in den Boden eingetragen wird, wo er sich zu bodenbürtigem Humus umwandelt. Uns ist wichtig, dass unsere Komposte den jeweiligen Böden angepasst sind. Insbesondere muss das Kohlenstoff-Stickstoffverhältnis über dem des Bodens liegen. Damit betreiben wir Umweltschutz durch Kohlenstoff -Speicherung und zudem Grundwasserschutz, da durch die Umwandlung des Komposts in bodenbürtigen Humus der frei verfügbare Stickstoff zu einem grossen Teil an die organische Substanz gebunden und nicht ausgewaschen wird.

Kompostierversuche mit Zugabe von Biokohle
Kompostierversuche mit Zugabe von Biokohle

Ithaka: Welche Ansätze zur Kompostproduktion und zum Humusaufbau erachten Sie als die geeignetsten?

Gerald Dunst: Humusaufbau in effizienter Form kann im Boden nur stattfinden, wenn sehr viele Maßnahmen gleichzeitig miteinander kombiniert werden. Beispiele für wirksame Maßnahmen sind die Dauerbegrünung, das Anbauen von Mischkulturen, aufeinander abgestimmte Fruchtfolgen und generell eine Düngung, die der Biologie des Bodens entspricht. Das heißt, bei der Düngung wird bei uns auf handelsübliche mineralische Dünger und auf das Ausbringen von Gülle und Jauche verzichtet. Wir düngen ausschließlich mit Kompost und Gründüngung. Gülle oder Jauche bringen wir nur nach vorheriger Aufbereitung auf die Äcker.

Später werden auch noch Agroforstkulturen ein Thema sein. Damit kann in tiefere Bodenschichten vorgedrungen werden, um dort Kohlenstoff einzutragen und Wasser und Nährstoffe aus diesen Schichten heraufzutransportieren und verfügbar zu machen.

Ithaka: Wenn Sie heute ein Rezept für den Humusaufbau veröffentlichen müssten, wie würde dies lauten?

Gerald Dunst: Ein Rezept für Humusaufbau wird es so direkt wohl nie geben, weil die Klimagebiete sehr unterschiedlich sind und jeder Landwirtschaftsbetrieb für seine Bedingungen den richtigen Weg finden muss.

Bei der biologischen Produktionsweise werden aber bereits sehr viele Ansätze ausprobiert und viele Grundprinzipien werden beachtet. Das Problem hierbei ist der auftretende akute Stickstoffmangel. Deshalb sollte zum gezielten Humusaufbau anfänglich Stickstoff in hohen Mengen zugeführt werden dürfen. Mir scheint es unstrittig, dass in der Startphase, wenn mit einem niedrigen Humusgehalt von eins bis drei Prozent begonnen wird, die biologische Bodenaktivität den Humusaufbau noch nicht hinreichend zu fördern vermag. Deshalb ist es hierzu wichtig, dass man die organischen Reste des Feldes wegnimmt, diese gezielt kompostiert und zu Humus umwandelt und erst dann wieder auf das Feld zurückbringt, nachdem die ersten Umbauprozesse schon stattgefunden haben. Durch die neueren Technologien ist es möglich, einen hohen Anteil der organischen Materie in Humus zu überführen. Dieses Material würde, wenn man es auf dem Feld und im Boden belässt, komplett wegoxidiert, also zu CO2 werden. Ziel ist es deshalb, einen möglichst hohen Anteil des leicht zu oxidierenden Kohlenstoffes in stabilen Humus umzuwandeln. Daher ist es wichtig, dass das fertig kompostierte Substrat als organische Substanz aufs Feld eingebracht wird. Durch die neuen Technologien, wie den Zusatz von Biokohle, kann aus leicht abbaubarer organischer Substanz sogar eine sehr stabile Form von Kohlenstoff hergestellt werden.

Ithaka: Durch die Umstellung Ihrer Felder auf ökologische Landwirtschaft mit einem hohen Humusanteil verzichten Sie bewusst auf den Einsatz von künstlichen Düngern, um zusätzlich Ressourcen, die zur Produktion von solchen Düngemitteln benötigt werden, einzusparen. Wie sieht es mit dem Ertrag der angebauten Kulturen aus?

Gerald Dunst: Wir düngen ausschließlich mit Komposten; und wir wissen, dass aus den Komposten ungefähr 10 Prozent des Stickstoffes im ersten Jahr zur Verfügung stehen. Deshalb verwenden wir im ersten Jahr im Extremfall das 10-fache der normal notwendigen Kompostmenge, um einen vergleichbaren Ertrag zu erzielen. Von Jahr zu Jahr wird dann die Kompostgabe niedriger, weil aus den Vorjahresgaben immer mehr Stickstoff zur Verfügung steht. Uns ist wichtig, dass wir auch während der Humusaufbauphase mindestens gleich hohe Erträge wie auf konventionell bewirtschafteten Böden haben.

Ithaka: Was für eine Rolle spielt nun Biokohle in ihrem Konzept?

Gerald Dunst: Die Zumischung von Biokohle halte ich für eine Schlüsseltechnologie, da es auf diese Weise gelingt, bedeutend mehr Kohlenstoff im System zu halten. Wir haben gerade eine Versuchsreihe abgeschlossen, in der eindeutig nachgewiesen wurde, dass durch den Zusatz von Biokohle während der Kompostierung am Ende wesentlich mehr Fertigkompost übrig bleibt, als ohne den Zusatz von Kohle. In der Kompostierung mit einem Zusatz von ca. 20 Gew % Biokohle konnten bis zu 80% des Ausgangskohlenstoffes in Humus umwandelt werden. Umwandlungswerte wie diese waren bis anhin undenkbar und sind ein großartiger Erfolg!

Kohlemühle zum Zerkleinern von Biokohle
Kohlemühle zum Zerkleinern von Biokohle

Ithaka: Die Umstellung der Ackerflächen bringt einen finanziellen Aufwand mit sich. Wie konnte die Finanzierung sichergestellt werden?

Gerald Dunst: Wir haben für unsere seit drei Jahren laufenden Musterflächen die exakten Kosten erhoben, um zu wissen, wie viel die Umstellung den Landwirten kostet. Diese Kosten haben wir dem zusätzlich im Boden gespeicherten CO2 gegenübergestellt. Dies ergab einen Betrag von 25 bis 30 Euro pro Tonne im Landwirtschaftsboden gespeicherten CO2.

Mit diesen Preisen sind wir in einen kleinen, regionalen Zertifikatshandel eingestiegen. Die Landwirte, die in unseren Projekten dabei sind, erhalten von uns 30 Euro pro Tonne CO2. Diese CO2-Emissionsreduktionszertifikate bieten wir Firmen an, die freiwillig eine neutrale CO2 Bilanz anstreben. In der Region gibt es bereits mehrere Firmen, die Interesse daran haben und diese Zertifikate kaufen.

Denn sowohl für die Firmen als auch für die Landwirte entstehen Vorteile. Für die Firmen, dass sie sich als CO2-neutral ausweisen können, und für die Landwirte, dass ihnen der Humusaufbau finanziert wird. Der Reingewinn für den Landwirt ergibt sich schlussendlich aus den besseren Böden und den wertvolleren Ernten.

Ithaka: Wie viele Zertifikate konnten Sie veräußern? Anders gefragt, wie viel Kohlenstoff lagert zurzeit zusätzlich in Ihren Böden?

Gerald Dunst: Wir haben 2007 mit den ersten Versuchsflächen auf drei Hektar begonnen und hier konnten wir in zwei Jahren das Äquivalent von 100 t CO2 pro Hektar einbringen. Die Landwirte haben für diese erste Aufbauphase 2500 bis 3000 Euro pro Hektar bekommen.

In der Süd- und Oststeiermark haben wir die Versuche auf dreiunddreißig Landwirte ausgeweitet und haben jetzt insgesamt 70 Hektar Versuchsfläche, was einem Einsparungspotential von 7000 t CO2 entspricht.

Ithaka: Was für Unterstützung würden Sie sich wünschen, um Ihr Projekt weiter voranzutreiben?

Gerald Dunst: Die Problemstellungen sind momentan sehr vielfältig. Tatsache ist, dass wir momentan an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen sind. Es gibt wesentlich mehr dringende Forschungsfragen als wir alleine bearbeiten können. Deshalb sind wir auf der Suche nach Projekt- und Forschungspartnern, die bereit sind, für uns bestimmte Fragestellungen zu bearbeiten.

Eine wichtige Frage ist momentan, wie der Humusaufbau absolut umweltverträglich gestaltet werden kann. Dazu gehören Fragen zur Herstellung von Biokohle, zu Kompostierungsverfahren, zu Problemstoffen in der organischen Substanz und zur möglichen Auswaschung von Wert- und Schadstoffen ins Grundwasser.

Die Biokohle ist eine völlig neue Thematik und hat somit den größten Forschungsbedarf. Ungeklärte Fragen sind: Unter welchen Bedingungen kann Biokohle hergestellt werden? Welches Rohmaterial sollte dafür verwendet werden? Wie stabil ist der hergestellte Kohlenstoff und wie stabil bleibt er im Kompost und im Boden? Wie lange kann somit das der Atmosphäre entzogene CO2 im Boden gespeichert werden? Und zu guter Letzt, wie müssen die Charakteristiken der Kohle sein und wie muss deren Anwendung im Boden erfolgen, damit sich die erwarteten bodenverbessernden Funktionen einstellen.

Ithaka: Die Bürgerinitiative Ökoregion Kaindorf ist ein positives Beispiel gelebter Demokratie mit dem Mut, sich den wichtigen Fragen unserer Zeit zu stellen und konkrete Lösungen zu entwickeln. Wir hoffen, dass Sie durch Ihr Engagement und Ihren beachtlichen Erfolg Menschen zur Beteiligung an vergleichbaren Projekten bewegen können und danken Ihnen ganz herzlich für das Gespräch.

  • Beatrix Mühlethaler
    14.08.2010 17:57

    Kompost hat einen hohen Phosphatgehalt. Reichern Sie den Boden nicht zu stark mit diesem Näherstoff an, wenn Sie so viel Kompost einbringen wie beschrieben, um genügend Stickstoff zur Verfügung zu haben?

    • hps
      15.08.2010 10:54

      Mir scheinen die vorgeschlagenen Kompostmengen ebenfalls sehr hoch zu sein. Jedenfalls liegen sie deutlich über die in der schweizerischen Düngemittelverordnung liegenden Werte. Andererseits sind die Kompost vorliegenden Phosphate nicht mit mineralischen Phosphoten zu vergleichen. Im Kompost werden die Phosophate viel besser sowohl biologisch als auch mineralisch gebunden, wodurch der gefährlichen Auswaschung - wie es bei mineralischer Phosphat-Düngung der Fall ist - vorgebeugt wird. Durch die Zugabe von Biokohle werden die Phosphate effizient fixiert und stehen den Pflanzen dann über Jahrzehnte, wenn die Kompostgaben wieder niedriger werden, zur Verfügung.

  • Gerald Dunst
    19.08.2010 07:48

    Die Böden und die Komposte wurden sehr genau untersucht. Der Gehalt an wasserlöslichem Phosphor ist durch die Humuserhöhung deutlich zurückgegangen (von 0,36 auf 0,22 mg/100g Boden, ebenso der Gehalt an austauschbarem Phosphat (von ursprünglich 5,85 auf 3,33 mg/100g), Die Gesamtgehalte wurden natürlich deutlich erhöht (von 365 auf 575 mg/100g)und stehen somit als Reservern für die nächsten Jahre/Jahrzehnte zur Verfügung. In diesen Komposten war noch keine Biokohle enthalten. Durch die Kompostdüngung ist eine Überversorgung mit Phosphor niemals möglich - selbst dann nicht, wenn es sich um Klärschlammkomposten handelt!

    Durch die hohen Kompostmengen wird eine deutlich höhere Effizienz in der Humusanreicherung und Kohlenstoffsequestrierung erreicht. Es bringt also wesentlich mehr, sich auf wenige Flächen zu konzentrieren, diese in einen Optimalzustand zu bringen, und erst dann auf die nächsten Flächen zu gehen!

    Wir haben leider auch in Österreich ein antiquiertes Düngemittelgesetz, dass aufgrund der Stickstoffregelung und der Nichtunterscheidung zwischen organisch gebundenen und wasserlöslichen Stickstoff den Humusaufau mehr oder weniger verbietet. Hier besteht ein dringender Änderungsbedarf, der zwischenzeitlich mit Ausnahmebewilligungen zu überbrücken versucht wird!

  • T. Nagel
    21.09.2010 17:32

    Wie sieht die Belastung mit PAK's aufgrund unvollständiger Verbrennung der "Biokohle" aus?
    Wie hoch werden die Risiken der Erosion und somit die Eutrophierung von Gewässern eingeschätzt?
    Zur Bindung von Stickstoff im Boden: Durch die Nitrifizierung entsteht pflanzenverfügbarer Stickstoff in Form von Nitrat (NO3-)- Anionen werden jedoch nicht an Austauschern wie Humuskolloide gebunden. Liegt hier nicht ein "Denkfehler" vor, wenn gesagt wird, dass Stickstoff gebunden wird?

    • hps
      22.09.2010 08:55

      Bezüglich PAK und Schwermetallemissionen siehe bitte: <a href="http://www.ithaka-journal.net/biokohle-oder-nichtbio" rel="nofollow">Biokohle oder nichtbio Biokohle</a> . Im Allgemeinen gilt, dass für die Kohle die gleichen Grenzwerte wie für Kompost eingehalten werden müssen.
      Was Nitrat betrifft, so besitzt die Biokohle nicht nur eine sehr hohe Kationen-, sondern auch Anionen-Austausch-Kapazität, kann also auch Nitrat sehr gut binden. Hinzu kommt, dass die Kohle ein günstiges Milieu für Bakterien schafft, welche die verschiedenen Stickstoffformen effizient auf- und abbaut, um sie in der entsprechenden Formen pflanzen- und mikrobenverfügbar zu machen.

  • T. Nagel
    22.09.2010 10:40

    Wenn die KAK hoch ist, ist in der Regel die AAK entsprechend niedrig - ansonsten würden sich doch beide Austauscher entsprechend gegenseitig belegen, bzw. wäre der Boden/die Kohle elektrisch aufgeladen. Zudem würde unter den hier üblichen pH-Werten im Boden (sauer) die AAK relativ schnell besetzt werden (siehe Scheffer/Schachtschabel 2010, u.a. S.138).

    Betreffend PAK/Schwermetalle: Ziel der Bodenschutzverordnung (in Deutschland) ist es, den Boden nicht weiter mit schadstoffen zu belasten. Bodenverbessernde Maßnahmen wie Kompostzuführung bringen Nährstoffe in den Boden, Schwermetalle sind leider auch dabei. Aber, findet durch Biokohle eine Bodenverbesserung statt?

    • hps
      22.09.2010 10:59

      Das Besondere an der Kohle ist eben, dass rund 20% ihrer Fläche eine hohe AAK aufweist. Aber es ist richtig, dass diese in sauren Böden relativ schnell besetzt wird.
      Dass durch Biokohle in den überwiegenden Fällen eine Bodenverbesserung stattfindet, hat sowohl die über 1000jährige Erfahrung der Bauern als auch die Ergebnisse der Versuche in den letzten 10 Jahren überzeugend gezeigt. Da die Biokohle ohnehin nur einmal und nicht wie Kompost aller drei Jahre eingebracht wird, ist das Risiko einer Akkumulation kaum gegeben.

  • T. Nagel
    22.09.2010 13:35

    ...und gerade hier hätte ich die Gehalte von Nährstoffen, Schwermetallen und (u.a.) PAK's gerne erfahren. Wie hoch sind die Werte in den 1000 Jahre alten Böden? Wie sehr liegt durch die hohen Niederschlagsmengen eine Auswaschung vor und wie lassen sich diese Werte auf (z.B.) Norddeutschland oder Österreich umrechnen?

    • hps
      23.09.2010 07:43

      Die Analysedaten einer kürzlich von Swiss Biochar erzeugten Biokohle finden Sie hier:
      <a href="http://www.ithaka-journal.net/doc/naehrstoffe-metalle-bk-belmont.pdf" rel="nofollow">Nährstoffe und Schwermetalle</a>
      <a href="http://www.ithaka-journal.net/doc/pyreg-kohle-pak-analyse-tuev.pdf" rel="nofollow">PAK-Analyse</a>

      PAK, die bei den traditionellen Pyrolyseprozessen sicher stärker als mit unseren modernen Anlagen entstanden, sind in den letzten 1000 Jahren mikrobielle abgebaut und lassen sich nicht mehr nachweisen. Schwermetalle lagen in den damals verwendeten Hölzern nur in äußerst geringen Konzentrationen vor, und es sind auf jeden Fall nicht mehr als bei natürlicher Verrotung des Holzes wieder in den Boden zurückgeführt wäre. Was Nährstoffbillanz betrifft, so sind die Böden mit pyrogenem Kohlenstoff in der Regel nährstoff- und humusreicher, woraus sich ableiten läßt, dass weniger Nährstoffe ausgewaschen worden als in den Vergleichsböden. Aber die Wissenschaft über 1000 Jahre alte Böden ist sehr komplex und jedenfalls nicht mein Fachgebiet. Ich kann höchstens die Risiken evaluieren, die von heute produzierten Biokohlen ausgehen.

  • Sibylle
    01.10.2016 13:20

    Lieber Gerald Dunst,

    könnten Sie vielleicht etwas über Ihre neusten Ergebnisse zu Bedeutung des C/N-Verhältnisses beim Humusaufbau berichten? Es scheint der Schlüssel für einen stabilen Humusaufbau zu sein und Sie betonten ja auch eingangs, dass eine hohe Stickstoffzufuhr besonders wichtig ist.

    Wie beurteilen Sie den Dauerversuch (Entwicklung der Corg-Gehalte in einem Dauerfeldversuch mit extrem hohen Stalldunggaben in Abhängikeit von Düngung und dem Bewuchs auf Löß-Scharzerde in Bad Lauchstädt) in der im Netz zu findenden Publikation von Körschens, wo nur durch die Kombination von Fruchtfolgen und extrem hohen Stalldunggaben (200t/ha)von 1984 bis 1997 der Humusgehalt Corg von 2,1% auf etwas über 3,6% gestiegen ist.

    Könnte es sein, dass viele Dauerversuche zum Humusaufbau nicht funktionieren, weil einfach nur - natürlich vorher nicht kompostierter - Mist/Stalldung oder Ernterückstände wie Stroh untergepflügt oder oberflächlich eingearbeitet werden, was dann im Gegensatz zu stabilem Humus schneller wieder als Kohlendioxid vergast, oder im worst case, unter anaeroben Bodenverhältnissen sogar als Methan oder Lachgas. Letztere Emissionen liessen sich ja durch Behandlung mit zertifizierter Pflanzenkohle zumindest minimieren, indem in den Tretmist im Stall bereits Pflanzenkohle zugegeben wird, oder bereits angebotsweise als zusätzliches Futtermitteln.

    Mich würde interessieren, was der Bioanbau bis dato aus diesen Erfahrungen gelernt hat.

    Vielen Dank für eine Antwort!

  • Gerald Dunst
    03.10.2016 05:47

    Durch die erste Auswertung der Humusdatenbank der Ökoregion Kaindorf (50 Schläge) konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die wie folgt zusammengefasst werden können:

    1) Ein Prozent Humus benötigte rund 1.500 kg N pro Hektar (Humus besteht zu 6% aus N). Dieser muss zusätzlich zum Entzug zugeführt werden, sofern im Boden kein Überschuss vorliegt.

    2) Ab einem Humusgehalt von 4,5% waren die C/N-Verhältnisse im Boden immer stabil (also zwischen 9-10). Darunter gab es eine sehr große Variabilität. Unter 1,5% Humus wurden immer sehr enge C/N-Verhältnisse gemessen (5-6).

    3) Je niedriger das C/N-Verhältnis im Boden, desto größer waren die N-Verluste - und zwar unabhängig von der Form, in welcher der Stickstoff zugeführt wurde. Hier ging auch N aus der organischen Düngung gleichermaßen verloren.

    4) Der Humusgehalt im Boden war immer ein Abbild der Bewirtschaftung. Durch eine Änderung der Bewirtschaftung änderte sich somit auch der Humusgehalt. Im Biolandbau wird dazu schon sehr Vieles richtig gemacht - es fehlt nur mehr die Beachtung der N-Bilanz und eine Reduktion der Bodenbearbeitung. (mehrfaches Hacken war für die Humusbilanz schlechter als eine einmalige Herbizidbehandlung)


    Humusaufbau im Boden funktioniert außerdem nur dann, wenn auf die Bodenbiologie entsprechend Rücksicht genommen wird - das bedeutet auf jeden Fall eine reduzierte Bodenbearbeitung und ein möglichst dauerhafter Bewuchs (auch über den Winter). Die von Prof. Körschens viel zitierten Dauerversuche sind nicht geeignet, um Humusaufbau verstehen zu können, weil hier die Grundlagen dafür nicht beachtet wurden. Mit Ausnahme des zitierten Versuches mit den extrem hohen Stallmistgaben wurde im Wesentlichen auf N-Entzug gedüngt. Humusaufbau war also alleine schon aufgrund der Chemie (fehlen von N) nicht möglich! - Zusätzlich wurde auf die Bodenbiologie meist zu wenig Rücksicht genommen (zB. Herbstfurche).

    Der große N-Bedarf für den Humusaufbau ist aus meiner Sicht auch das Grundproblem im Biolandbau. Wenn man bei Humusgehalten von 1,5-2% gezwungen ist, im eigenen Betriebskreislauf zu wirtschaften, dann reicht die N-Bilanz maximal dafür aus, um einigermaßen vernünftige Erträge zu erwirtschaften - für den Humusaufbau bleibt einfach nichts übrig.

    Pflanzenkohle kann in diesem Zusammenhang sehr hilfreich sein, um im Vorfeld bei der Wirtschaftsdüngerlagerung und -aufbereitung die N-Verluste zu reduzieren. Bei unseren Betrieben wurde Pflanzenkohle aber bislang aufgrund des hohen Preises kaum eingesetzt. Über die Möglichkeit der Fütterung könnte sich dies nun aber ändern, da über die Verbesserung der Tiergesundheit ein Zusatznutzen erzielt werden kann.

    Ich werde mich bemühen, in der nächsten Zeit einen ausführlichen Artikel über die neuen Erkenntnisse zum Humusaufbau zu schreiben und hier zu veröffentlichen. Die nächsten Humustage in der Ökoregion Kaindorf finden übrigens am 16.-17. Januar statt.

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