Klimafarming – Für eine nachhaltige Landwirtschaft

von Hans-Peter Schmidt

Klimafarming wird oft als landwirtschaftliche Methode beschrieben, durch die der Atmosphäre CO2 entzogen und als Kohlenstoff stabil im Erdboden gespeichert wird. Der Klimawandel könnte dadurch abgebremst werden. Doch Klimafarming ist noch viel mehr: Ein ökologisch nachhaltiges Gesamtkonzept für die Landwirtschaft, die künftig sowohl Nahrungsmittel als auch Energie und saubere Luft produzieren, die Biodiversität fördern und die Landschaft schützen wird.

Pflanzen nehmen über ihre Blätter Kohlendioxid aus der Luft auf und bauen es mit Hilfe von Lichtenergie, Mineralstoffen und Wasser zu langkettigen, energiereichen Kohlenstoffverbindungen auf. Stirbt die Pflanze ab und verrottet oder wird sie gefressen und verdaut, werden die langen Kohlenstoffmoleküle wieder aufgebrochen. Dabei wird Energie und eben Kohlenstoff frei, der zu über 99%  als CO2 und Methan in die Atmosphäre entweicht.

Der natürliche Kohlenstoffkreislauf
Der natürliche Kohlenstoffkreislauf

Dieser natürliche Kohlenstoffkreislauf ist nahezu komplett. Der verbleibende Kohlenstoff, der zunächst nicht in die Atmosphäre entweicht, wird vor allem in Form von Humus, Torf, Kohle, Erdöl, Erdgas und Sedimenten sowie tierischen Organismen gespeichert. Durch Vulkanausbrüche, Verwitterung, Brände und Erosion kehrt aber auch dieser gebundene Kohlenstoff nach und nach wieder in den Kreislauf zurück, so dass es sich tatsächlich um ein weitestgehend stabiles System handelt.

Aufgrund des menschlichen Eingriffs ist dieser natürliche Karbonkreislauf seit dem Beginn der Industrialisierung aus dem Gleichgewicht geraten. Durch Verbrennung der stabil im Boden gelagerten fossilen Brennstoffe wie Kohle und Erdöl wurden im letzten Jahrhundert mehr als 500 Milliarden Tonnen an Kohlenstoff, die über 200 Millionen Jahre vom aktiven Kohlenstoffkreislauf abgetrennt waren, in Form von CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Doch das ist bei Weitem nicht der einzige menschliche Eingriff in den aktiven Kohlenstoffkreislauf.

Humus speichert Kohlenstoff, Wasser und Nährstoffe, ist Lebensraum für Mikroorganismen und schützt vor Erosion
Humus speichert Kohlenstoff, Wasser und Nährstoffe, ist Lebensraum für Mikroorganismen und schützt vor Erosion

Seit dem Übergang des Menschen zur Sesshaftigkeit wurde nahezu die Hälfte der weltweiten Waldflächen gerodet. Noch heute verringert sich die Waldfläche um jährlich 130.000 km2 (das rund 8fache der Gesamtoberfläche der Schweiz). Der in diesen Waldflächen also in Bäumen, Büschen, Bodenpflanzen und Tieren gespeicherte Kohlenstoff entwich in die Atmosphäre. Hinzu aber kommt, was oft vergessen wird, dass der Boden dieser gerodeten Flächen durch Verbauung, vor allem aber durch die industrialisierte Landwirtschaft einen Großteil seines Humusgehaltes verloren hat, wodurch weitere über 100 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangten.

Das Klima spielt sich eben nicht nur oberhalb, sondern in ganz entscheidendem Masse unter der Erdoberfläche ab. So sind rund vier Fünftel der weltweiten Kohlenstoffvorräte, die am aktiven Kohlenstoffkreislauf beteiligt sind, in Böden gespeichert. Durch häufiges Pflügen, durch schwere Landmaschinen, durch massiven Einsatz von Mineraldüngern, Herbiziden und Pestiziden, durch Monokulturen und mangelnden Erosionsschutz sind die Humusgehalte landwirtschaftlicher Böden seit den 1950iger Jahren um durchschnittlich 70% gesunken. Hinzu kommt, dass durch die oben aufgeführten landwirtschaftlichen Methoden das höchst komplex vernetzte Bodenleben weitestgehend zusammenbricht. Im Vergleich zu gesunden Böden geht die Gesamtmenge an Mikroben zum Teil um mehr als das Tausendfache zurück. Da in den Zellen der Bodenorganismen ebenfalls erhebliche Mengen Kohlenstoff gespeichert ist, führt deren Vernichtung zu zusätzlichen Kohlenstoffverlusten.

Mischkulturen: Kartoffeln zwischen Reben, Blumen und Bienen

Würde durch nachhaltige landwirtschaftliche Methoden der Humusgehalt der landwirtschaftlich genutzten Böden (1,4 Milliarden Hektar + 3,4 Milliarden Hektar Grünland) wieder auf 5-6% erhöht, könnten der Atmosphäre bis zu 400 Milliarden Tonnen Kohlenstoff entzogen werden. Allein dadurch ließe sich die CO2-Konzentration der Atmosphäre wieder auf ihr vorindustrielles Niveau senken. Da die Möglichkeit zur Erhöhung der Humusgehalte jedoch sehr stark von Bodentyp und Klima abhängt, mag die Hochrechnung etwas zu optimistisch ausfallen. Doch selbst wenn sich der durchschnittliche Humusgehalt nur auf 4% erhöhen ließe, so könnte die Differenzmenge durch Eintrag von Biokohle abgedeckt werden (siehe hier).

Die Erhöhung des Humusgehaltes unserer Böden erweist sich freilich nicht nur hinsichtlich der Klimaerwärmung als Pflicht der Stunde. Nur auf gesunden, humusreichen Böden wird die Versorgung der wachsenden Menschheit mit Nahrung und Energie gewährleistet werden können, ohne dass zugleich durch Chemie und Gentechnik die Natur zerstört und sterilisiert wird. Hohe Humusgehalte sind ein unverkennbares Zeichen für die Balance des Ökosystems und damit unseres Lebensraumes. Um dies zu erreichen, wurde das ökologisch wirtschaftliche Gesamtkonzept des Klimafarmings entwickelt. Klimafarming:

  • Bricht konsequent die monokulturelle Bewirtschaftung auf
  • Erhöht und Schütz die Biodiversität sowohl im als auch oberhalb des Bodens
  • Stabilisiert durch intelligenten Einsatz von Mischkulturen das landwirtschaftliche Ökosystem sowie den wirtschaftlichen Ertrag (Gemüse, Obst, Bäume, Sträucher, Heilkräuter, Wein, Blumen, Pilze, Bienen, Nutztiere, Energiepflanzen bestehen nebeneinander und ergänzen sich)
  • Optimiert die Stoffkreisläufe durch Einsatz von Gründüngern, Komposten und Biokohle
  • Verzichtet auf künstliche Düngemittel, Herbizide und Pestizide
  • Übt Pflanzenschutz hauptsächlich durch Stärkung der pflanzlichen Selbstverteidigung sowie durch Förderung biologischer Vielfalt aus und ergänzt dies durch rein pflanzliche und mikrobielle Mittel
  • Erzeugt mittels Sonne, Wind und Biomasse Energie
  • Sorgt durch Produktion von Biokohle aus Biomasse für Kohlenstoffsenken in landwirtschaftlichen Böden
  • Engagiert sich durch die Ästhetisierung des landwirtschaftlichen Raumes für den Landschaftsschutz
  • Pflegt die Arten- und Sortenvielfalt, schützt seltene und alte Pflanzen- wie Tierarten
  • Eröffnet dem Menschen neue Lebensperspektiven in Harmonie mit der Natur

Dass Klimafarming längst keine Utopie mehr ist, sondern bereits an vielen Orten verwirklicht und gelebt wird, zeigt der folgende Kurzfilm von Amy Wong am Beispiel eines Weingutes (in Englischer Sprache):

Green: Climate farming one-ups organic

Climate farmer Hans-Peter Schmidt shows the difference in climate-farmed soil (left) from his vineyard and traditional vineyard soil (right) from his neighbour’s plot. June 20, 2009. (WRS/Amy Wong)
Climate farmer Hans-Peter Schmidt shows the difference in climate-farmed soil (left) from his vineyard and traditional vineyard soil (right) from his neighbour’s plot. June 20, 2009. (WRS/Amy Wong)
  • Michael Richwien
    01.08.2009 14:50

    Als Pächter einer Selbsternteparzelle für biologischen Landbau würde mich interessieren, wo in Österreich Biokohle zu beziehen ist und wie das Ganze anzuwenden ist. Für Hinweise in diesem Forum wäre ich dankbar.

  • Jochen Binikowski
    01.08.2009 15:51

    Dazu kann man normale Holzkohle nehmen. Man muß sie nur pulverisieren und dann mit Holzasche, Tierdung, Kompost und Humuserde mischen. Wenn diese Materialien nicht in genügend großen Mengen zur Verfügung stehen, kann man dennoch gute Ergebnisse erzielen. Man sollte diese Mischung dann nur gezielt einsetzen, z.B. in Blumentöpfe oder Kübel.

    Sie ist auch als Anzuchterde für Samen bestens geeignet, nur muß die Mischung dann vorher sterilisiert werden. Braucht nicht 100% sein. In einen alten Kochtopf füllen und 30 Minuten auf dem Herd erhitzen reicht völlig aus.

    Das sind jedenfalls meine Erfahrungen. Wegen des Mischungsverhältnisses muß man experimentieren um herauszufinden was für die gewünschte Pflanze am besten funktioniert.

    Beste Grüße aus den Philippinen, Jochen

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