Windräder in Weinbergen

von Sepp Zurmühle

Neben der Herstellung qualitativ hochwertiger Trauben können Winzer die Biodiversität fördern, langfristig CO2 speichern und sogar Wind "ernten". Eine geniale Weiterentwicklung des Windradprinzips ermöglicht dezentrale Kleinanlagen, die beinahe geräuschlos die berühmten thermischen Winde der besten Reblagen einfangen und in Strom umwandeln.

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Vom ersten Gedanken zur Serienproduktion

04-090627-797-envergate-100kbWindräder gibt es seit tausenden Jahren. Sie dienten als Antrieb von Getreidemühlen, als Wasserheber für tiefe Brunnen und seit rund einhundert Jahren zur Stromerzeugung. Auch wenn sich die Materialien und die verwendete Technik rasant immer weiter entwickelt haben, so ist doch das grundlegende Prinzip einer horizontalen, parallel zum Wind verlaufenden Drehachse stets das gleiche geblieben. Flügelarme mit riesigen Spannweiten drehen majestätisch durch die Lüfte, und niemand käme auf die Idee, dieses historisch so lang erprobte Konstruktionsprinzip zu hinterfragen und quasi vom Rücken auf die Füsse zu stellen. Oft eben wird das Gewohnte, nur weil es gewohnt ist, für das einzige Denkbare gehalten. Und gerade deshalb steht am Anfang fast jeder epochalen Erfindung ein Querdenker, der sich einfach nicht damit abfinden kann, dass alles was ist, nur deshalb so ist, weil es nicht anders sein kann.

Die ersten Ideen zu einem Windrad, das mit vertikal aufgestellten und sich automatisch am Wind ausrichtenden Flügeln um die eigene Achse dreht, entstanden bereits vor 10 Jahren. Ihre Entwickler, die Brüder Roman (1960) und Daniel Bühler (1964) aus dem schweizerischen Horn, schöpften dabei aus ihrem grossen aerodynamischen Wissen, das sie durch ihre langjährige Erfahrung aus der Linien- und Akrobatikfliegerei sowie der Entwicklung von Gleitschirmen und Notsystemen erworben haben.

Zunächst füllten erste, noch wage Visionen, Ideen, Berechnungen, Profilformen und Anstellwinkelsteuerungen unzählige Papierzettel. Im Sommer 2007 entstanden dann erste detaillierte Baupläne und Testanlagen. Professionell, mit mehreren Funktionsmodellen und Rotorhöhen von 1.0 m, 1.5 m und 2.5 m wurde experimentiert, getestet, gemessen und optimiert. Es fanden Simulationen auf fahrenden Lastwagenbühnen statt. Es galt Flügelform, Materialwahl, Flügelanstellwinkel-Steuersysteme, Windfahnen, Generatortechniken usw. optimal aufeinander abzustimmen.

Aus der festen Überzeugung, eine der besten Kleinwindanlagen bauen zu können, wurde 2009 schließlich die erste 10KW-Anlage in Betrieb genommen und die Serienproduktion lanciert.

05-090805-3679-envergate-100kbAnders als die anderen...

- Optisch: Schon auf den ersten Blick präsentiert sich die neue Generation von Windkraftanlagen grundlegend anders. Die weit ausladenden Rotorblätter herkömmlicher Windmühlen, welche um eine horizontale Achse drehen, fehlen.

Neu stehen drei aerodynamisch optimal geformte, sehr leichte Flügel aus Vollcarbon aufrecht und drehen um eine vertikale Achse.

- Schattenwurf: Durch die kleinere Bauweise, dem kleineren Durchmesser und der höheren Drehzahl ist der Schattenwurf der envergate-Anlage bedeutend kleiner.

- Sicherheit/Vogelschutz: Vögel können die rotierenden Flügel als stehenden Zylinder wahrnehmen und entsprechend ausweichen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Windrädern, wurde im Testbetrieb kein Vogel verletzt.

- Akustisch: Die bisherigen, horizontalen Windanlagen weisen erhebliche Lärmemissionen auf, welche durch die radialen Flügelgeschwindigkeits-Differenzen hervorgerufen werden. Bei der neu angewandten, vertikalen Technologie, strömt der Wind über die ganze Flügelspannweite mit konstanter Geschwindigkeit. Dies verursacht selbst unter Volllast (140 km/h) keine, bzw. vernachlässigbare Lärmemissionen.

- Funktionsprinzip: Der Wind erzeugt an den Flügelflächen einen Auftrieb, wodurch ein Drehmoment um die vertikale Achse verursacht wird. Je nach Position der Flügel zur Windrichtung wird der Auftrieb entweder durch die Innen- oder die Aussenflächen der Flügel erzeugt. Der sich auf der Achse unterhalb der Flügel befindliche Generator wandelt mechanische Rotationsenergie direkt in elektrische um.

- Steuerung: Ein Pitch-Control-System (PCS, analog Helikopter-Rotorblattsteuerung) lenkt die Einstellwinkel der Flügel. Dadurch können die Anstellwinkel über einen ganzen Umlauf in einem optimalen Bereich gehalten werden. Diese Regelung wird über eine Windfahne gesteuert, arbeitet somit verzögerungsfrei und kann Böen aus verschiedenen Windrichtungen direkt „abernten".

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- Niedrige Anlaufgeschwindigkeit: Aus der Vertikalachs-Technologie mit einer Pitch-Steuerung resultieren grundsätzlich unterschiedliche aerodynamische Arbeitsweisen. Profil, Form und Streckung des Drei-Flügel-Design sind auf eine möglichst hohe aerodynamische Güte ausgelegt. Diese Eigenschaften gewährleisten ein selbständiges Anlaufverhalten schon bei sehr niedrigen Windgeschwindigkeiten von 1.5 m/s (5.5 km/h).

Ithaka Kommentar

In den Walliser Weinbergen des Delinat-Instituts wurden in den letzten beiden Monaten genaue Windmessungen durchgeführt, um einen möglichst günstigen Standort für die Errichtung eines ersten Windrades im Weinberg zu finden. Insofern die Delinat-Weinberge bis 2013 nicht nur klimaneutral, sondern auch energieautonom werden sollen, suchen wir neben Biomasseverstromung auch mit kleinen, dezentralen Wind-, Wasser- und Solarkraftwerken den Strom für die Aufladung batteriebetriebener Landmaschinen zu erzeugen. Das 10-KW-Windrad von envergate soll der erste Schritt dahin sein.

Windmessung im Walliser Weinberg
Windmessung im Walliser Weinberg

- Grössere Windernte: Drehende Winde können sofort von dem Windrad aufgenommen werden. Durch das geringe Gewicht des Rotors kann dieser bereits kleinste turbulente Windströmungen (Böen) vollumfänglich ernten. Dies ist besonders interessant, da der Energiegehalt einer Windböe, bei doppelter Geschwindigkeit des vorherrschenden Windes, achtmal höher ist. Die aerodynamische Leistung steigt in der dritten Potenz zur Windgeschwindigkeit. D.h. die Umsetzung der Energie von Böen in elektrische Leistung, im Vergleich zum jährlich durchschnittlich gemessenen Wind, kann erheblich gesteigert werden, was zu grösserer Stromproduktion führt.

Einsatzmöglichkeiten und Produkte

Durch den fast geräuschlosen Betrieb und die kleine Bauweise können die Windanlagen von envergate zur dezentralen Stromerzeugung für Wohngebäude, Landwirtschafts- und Industriebetriebe eingesetzt werden. Bei größeren Anlagen kann wie üblich das öffentliche Netz als Stromspeicher genutzt werden. Für Standorte ohne Stromnetz gibt es Stromspeicher (z.B. Batterien, Wasserspeicher).

Die Vertikalachs-Technologie erleichtert durch ihre geringere Baugrösse und den nahezu lautlosen Betrieb die Betriebsgenehmigungen erheblich (unter 30m Höhe).

envergate segmentiert die (künftigen) Produkte in drei Hauptkategorien, welche sich Aufgrund der Anwendungen unterscheiden. Sie decken Leistungsbereiche von 1KW (Dachanlage) über 10 KW (Landwirtschaft) bis 100KW (Industrieanlage) ab. Kleinanlagen werden bevorzugt zur Ergänzung zu Solarenergie-Einrichtungen eingesetzt. Grössere Anlagen ermöglichen den Einstieg zur dezentralen Energieversorgung von Kommunen oder gemeinschaftlichen Projekten. Die 10 KW-Anlagen sind bereits ab Herbst 2009, die anderen ab 2010 lieferbar. Die Kosten liegen im Bereich von 3,00 Eur bis 5,50 Eur pro Watt installierter Leistung. Das 10 KW-Windrad mit einer Flügelspannweite von 6 m kann kleinere Landwirtschaftsbetriebe in einigermaßen windreichen Gegenden komplett CO2 neutral mit Energie versorgen.

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weitere Informationen über den Hersteller finden Sie unter www.envergate.com).

Einen Film des Schweizer Fernsehens über die neue Generation der Kleinwindanlagen:

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