CO2-Zertifikate für Biokohle

von Hans-Peter Schmidt

Auch wenn sich der Einsatz von Biokohle bis 2020 zu einer der entscheidenden Schlüsseltechnologien für die Reduktion von CO2 in der Atmosphäre entwickeln wird -  eine Entscheidung über die Einbeziehung von Biokohle in den offiziellen Handel mit CO2-Zertifikaten wird es auf der Klimakonferenz in Kopenhagen mit Sicherheit noch nicht geben. Und das ist gut so!

Denn so viel verheißend die Biokohle auch ist, bei einer ungeregelten, weltweiten Produktion und Verwendung von Biokohle sind die ökologischen Risiken mindestens ebenso hoch wie die berechtigte Hoffnung, dass sich der Klimawandel durch den intelligenten Einsatz von Biomasse-Pyrolyse noch umkehren lässt.

Zur Begrenzung der ökologischen Risiken eines großflächigen Biokohle-Einsatzes braucht es von Beginn an klare und verbindliche Rahmenbedingungen. Das Delinat-Institut hat folgende Grundbedingungen für die Einbeziehung von Biokohle in den CO2-Zertifikatehandel vorgeschlagen:

Bedingungen für den agronomischen Einsatz von Biokohle

  1. Bodeneintrag von Biokohle nur in Mischung mit Kompost oder anderen organischen Trägermaterialien (Die Hauptwirkung der Biokohle im Boden beruht auf ihrer biologischen Einbindung und der Bildung von Kohle-Humuskomplexen. Diese Wirkung kann sich aber nur in biologisch aktiven Böden entfalten, welche durch die Kompostbeigabe stimuliert wird).
  2. Nur bewachsene bzw. dauerbegrünte Böden dürfen als Kohlenstoff-Senken gelten,  da sonst durch Erosion die Biokohle zerkleinert wird und als Aerosol in die Luft gelangen kann. Im Falle von unbewachsenen Böden würden die in der Biokohle gespeicherten C-Mengen durch den Verlust an Humus sowie durch verstärkte Lachgas-Emissionen  aufgegolten.
  3. Falls der Bodeneintrag nicht in Verbindung mit staubbindenden Stoffen wie Kompost, Tonerden usw. stattfindet, muss die Granulatgröße mindestens 5 mm betragen. (Ansonsten kommt es bei der Bodeneinarbeitung zur Bildung von Feinstaubwolken und Aerosolen. Da solche Aerosole 500-800 mal so schädlich wie CO2 für das Klima sind, würde der erwünschte Nutzen der Biokohle schnell fraglich. (BOND & SUN 2005).

Herkunft der pyrolisierten Biomasse:

  1. aus unbelasteten Reststoffen wie Hausabfälle, Gärreste, Mist, Grünschnitt, Fäkalien etc.
  2. aus landwirtschaftlichen Rohstoffen die ohne Pestizide und Herbizide erzeugt wurden
  3. wird die Biomasse durch intensiven Energiepflanzenanbau gewonnen, dürfen die dafür genutzten Flächen höchstens 10% der landwirtschaftlichen Nutzfläche einnehmen (Verhinderung von Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion sowie Begrenzung des durch intensiven, monokulturellen Anbau hervorgerufenen Verlustes an Ökosystem Dienstleistungen).
  4. Ökologisch nachhaltige Produktion von Energiepflanzen und Verzicht auf genmodifiziertes Pflanzgut.

Pyrolyse Technologie:

a)       Strenge Abgasvorschriften (insb. Stickoxyde)

b)      Reststoffkontrolle (PAK (Teer), Schwermetalle, Hormone)

c)       C-Gehaltsbestimmung (ohne Asche und mineralische Bestandteile)

d)      Nachhaltige Nutzung der Abwärme

Zwei verschiedene Stoffströme

Bild2
Biokohlereaktor Pyreg

Durch Pyrolysierung von problematischen biologischen Abfällen wie Gülle, Klärschlamm, Schlachtabfällen, Knochenmehl etc. würden Energie und Biokohle produziert. Die aus diesen Materialien gewonnene Biokohle wäre allerdings zu hoch mit toxischen Stoffen verunreinigt, um als Bodenverbesserer eingesetzt zu werden. Stattdessen könnte diese Biokohle aber als Vorfilter für die Klärung von Abwässern eingesetzt werden, um dann samt den gebundenen weiteren Giftstoffen in unterirdischen Endlagern dauerhaft sequestriert zu werden. Auf diese Weise gäbe es eine zweifellos stabile und dauerhafte Karbonsenke und zugleich eine nachhaltige Lösung für den Problemkreis kritischer biologischer Abfälle.

Man sollte bei der eventuellen Zertifizierung von Biokohle daher zumindest zwei verschiedene Stoffströme in Betracht ziehen:

1. Pyrolyse vegetativer Biomasse, deren hochwertige Biokohle als Bodenverbesserer eingesetzt wird, wobei noch eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen über deren Bodenverhalten und -stabilität durchgeführt werden muss.

2. Pyrolyse verunreinigter Abfallstoffe, deren Biokohle zunächst als Filter eingesetzt und dann durch innerte Einspeicherung in Endlagern als Karbonsenke fungiert. Für diesen Prozess sind die wissenschaftlichen Grundlagen sämtlich gegeben, so dass diese Art des Biokohleeinsatzes eigentlich in die Zertifizierung aufgenommen werden könnten. Biokohle, die als Schadstofffilter verwendet wurde und insbesondere Schwermetalle fixiert, könnte auch sauerstoffarm verbrannt werden, wobei aus der dabei entstehenden Schlacke die Schwermetalle rezykliert werden könnten.

Ausblick

Die Pyrolyse von Biomasse und die agronomische, energetische, klimatische sowie Abfall verwertende Nutzung der dabei entstehenden Biokohle würde sich perfekt in die natürlichen Stoffkreisläufe eingliedern und zu deren dauerhaften Stabilisierung beitragen. Noch fehlen zwar einige wichtige wissenschaftliche Grundlagen und großtechnische Lösungen, doch die Perspektive ist klar. Die Hoffnung aber, die wir mit dem ökologisch nachhaltigen Einsatz von Biokohle verbinden, darf uns nicht blind machen für die Risiken, die bei einer unausgereiften globalen Umsetzung drohen. So wie Monsanto und andere Herbizidfabrikanten mit Nachdruck in Kopenhagen vertreten sein werden, um den pfluglosen Ackerbau (Herbizide statt Pflügen!!!) durch Klimazertifikate quer zu finanzieren, sitzen genau diese "global players" bereits in den Startlöchern, um genmodifiziertes Saatgut und die entsprechenden Herbizide für die Biokohleproduktion auf den Mark zu bringen.

BOND T.C. & SUN H. 2005: Can Reducing Black Carbon Emissions Counteract Global Warming? Environmental Science & Technology 39: 5921-5926.

  • Gerald Dunst
    09.12.2009 15:51

    Warum sollen Abfallstoffe von der Pyrolyse generell ausgeschlossen werden - dafür gibt es nun wirklich keine Veranlassung, soferne die Belastung mit Schwermetallen die gültigen Grenzwerte nicht überschreitet! Vor den organischen Schadstoffen in den Rohstoffen braucht man in der Regel keine Angst zu haben, da diese bei den hohen Temperaturen in der Regel verbrannt werden! Gerade in der Verkohlung von Abfällen sehe ich eine riesige Chance, um derzeit problematische Abfälle wieder aufbereiten und in den Kreislauf bringen zu können.
    Selbstverständlich muss jeder einzelne dieser Abfälle hinsichtlich seiner Tauglichkeit überprüft werden und wir werden dies mit unserer Anlage, die im August 2010 in Betrieb geht auch sehr gewissenhaft tun! Ich finde es aber nicht für sinnvoll, von vornherein diesen Stoffstrom auszuschließen, da es bislang noch keine Untersuchungen gibt!

    • hps
      09.12.2009 18:32

      Abfallstoffe werden weder generell noch überhaupt von der Pyrolyse ausgeschlossen. Mit Sicherheit wird die Pyrolyse zur entscheidenden Schlüsseltechnolgie künftiger Abfallwirtschaft. Aber umso wichtiger ist es, dass wir nicht jedwede Biokohle, die dabei entsteht, in unsere landwirtschaftlich genutzen Böden eintragen dürfen. Es ist richtig, dass organische Schadstoffe bei der Pyrolyse unschädlich gemacht werden, aber auf Schwermetalle, die quasi komplett von der Biokohle fixiert werden, trifft dies nicht zu. Unsere landwirtschaftlich genutzten Böden dürfen nicht zu Abfallhalden der Moderne werden, weshalb wir strenge Grenzwerte und sauberes Stoffstrommanagement plädieren. Hans-Peter Schmidt

  • Olaf Nitzsche
    06.08.2011 15:00

    Die Vielzahl von Hurrabeiträgen zur Nutzung der "Bio"kohle überrascht mich immer wieder.
    Es gibt noch eine ganze Menge Forschungsbedarf, z.B. welche Wirkung die Biokohle im Boden hat. Dabei darf nicht vergessen werden, dass ein Stoff in Größenordnungen in den Boden eingebracht wird, der dort in dieser Form natürlicherweise nicht vorkommt.

    Fragen sind aus meiner Sicht z.B.
    - Wie wirkt sich die intensive Einbringung von organischem Kohlenstoff auf die Umsetzung des bodenbürtigen Kohlenstoffes aus? Kommt es evtl. zu einem schnelleren Abbau des leicht umsetzbaren Pools an organischer Substanz? Werden dadurch Stickstoff und andere Nährstoffe ggf. in größerem Umfang mineralisiert, die der Auswaschung unterliegen?
    - Wie wirkt die Biokohle auf das Bodenleben (z.B. auf regenwürmer)? Aus meiner sicht sind entsprechende Verträglichkeitstests grundlegende Voraussetzung, bevor über den flächenhaften Einsatz von Biokohle überhaupt nur nachgedacht wird.

    Diese und weitere Fragen bestehen aus meiner Sicht unabhängig davon, ob das Ausgangsmaterial der Biokohleerzeugung belastet ist, oder nicht. In den Boden gehören ohnehin nur gering- oder unbelastete Stoffe.

    So viele gut gemeinte und zunächst auch logisch und gut klingende Ansätze haben sich in der Vergangenheit schon als Irrweg herausgestellt. Bei einem solch tiefgreifenden Eingriff in den Boden, wie es die Biokohleeinmischung zweifelsohne ist, muss eine lückenlose und transparente Sicherheitsforschung vorgeaschaltet werden. Auch wenn das einige Jahre dauert.
    Olaf Nitzsche

  • Jochen Binikowski
    10.08.2011 19:45

    Hallo Olaf, nach Ihrer Argumentation müssten wir noch 15 Jahre aufs Handy warten bis die 30-Jahre Langzeitstudien wegen möglicher Gehirnschäden abgeschlossen wären. Es liegt nun mal in der Natur der Sache das jede Neuerung potenzielle Risiken birgt. Aber eben auch Chancen. Das herauszufinden bedarf Untersuchungen im vernünftigen Rahmen. Wenn es nur Sicherheitsfanatiker gäbe würden die Menschen heute noch in Höhlen oder auf Bäumen wohnen und naturverträglich mit höchstens 30 Jahren den Löffel abgeben.

  • Susanne Veser
    30.08.2011 07:35

    Hallo Olaf,

    "Dabei darf nicht vergessen werden, dass ein Stoff in Größenordnungen in den Boden eingebracht wird, der dort in dieser Form natürlicherweise nicht vorkommt."

    Diese Deine Aussage stimmt nicht. Nach jedem Waldbrand, Vulkanausbruch etc. entstehen Unmengen von Pflanzenkohle, welche für eine schnelle vegetative Regeneration einer solchen Fläche sorgt. Diese Effekte haben auch bereits unsere Vorfahren beobachtet und genutzt - nicht nur am Amazonas. Gerade weil die technisch produzierte Pflanzenkohle natürliche Prozesse simuliert und damit identische Materialien produziert macht sie für mich so wertvoll.

    Beste Grüße

    Susanne

  • Jürgen Hünefeld
    11.10.2011 22:32

    Wer hat denn den Mineraldünger auf alle Nebenwirkungen hin untersucht? Jahrelang erschien er als Lösung gegen den Hunger bei wachsenden Bevölkerungsanzahl. Heute wissen wir, es war ein Irrtum. Mineraldünger zerstört mehr und mehr landwirtschaftliche Nutzfläche durch Humusabbau!
    Bei der Atombombe wußten wir vorher schon über deren schädliche Wirkung bescheid und haben sie doch allerorts. Das ist Gefährlicher als Pflanzenkohle. Entschuldigt, der Vergleich ist wirklich schräg.
    Ich bin der Überzeugung, dass das Risiko abgeschätzt werden kann. Wenn Pflanzenkohle fähig ist belastete Felder durch Bindung schädlicher Stoffe wieder nutzbar zu machen, dann doch nur deshalb, weil Schwermetalle so eingebunden werden, dass sie nicht mehr Pflanzenverfügbar sind. Alles hat aber auch seine Grenzen und deshalb ist es richtig: Seid wachsam, aber nicht ängstlich.

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