Schweiz bewilligt Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung

von Hans-Peter Schmidt

Als erstes Land in Europa hat die Schweiz den Einsatz von zertifizierter Pflanzenkohle in der Landwirtschaft zugelassen. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat am 23. April 2013 eine entsprechende Bewilligung erteilt. Das Ithaka Institut wurde darin mit der Kontrolle der Pflanzenkohle-Qualität und der Nachhaltigkeit der Produktion beauftragt.

Nach einem außerordentlich gründlichen, drei Jahre währendem Zulassungsverfahren unter Beteiligung der verschiedenen Forschungsgruppen des Biochar Science Network of Switzerland sowie der Bundesämter für Umwelt und für Gesundheit hat das Schweizerische Bundesamt für Landwirtschaft eine bedingte Zulassung für den Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft erteilt. Die Zulassung basiert auf strengen, wissenschaftlich geprüften Vorgaben für die Nachhaltigkeit der Pflanzenkohle-Produktion, für die Qualität der Pflanzenkohle sowie  für den Anwenderschutz bei der Ausbringung.

Nachhaltigkeit der Produktion

Bis zur sorgsamen Überprüfung des nachhaltigen Einsatzes anderer Biomassen, wird vorerst nur der Einsatz naturbelassenen Holzes als Ausgangsmaterial für die Produktion von Pflanzenkohle zugelassen. Hierunter fallen u.a. Wurzelstöcke, Baum-, Reben- und Strauchschnitt, Baumschnitt aus Biomasseplantagen, Rinde, Holzschäl- und Häckselgut, Schnittholz, Holzreste, Sägemehl, Sägespäne, Holzwolle und Schalen. Das Ausgangsmaterial zur Herstellung von Pflanzenkohle darf nicht mit organischen oder inerten Abfällen (wie z.B. Plastik oder Farbreste) und nicht mit Schwermetallen belastet sein.

Bei der Herstellung von Pflanzenkohle sind die im Pyrolyseprozess entstehenden Synthesegase abzufangen und sachgemäß zu verbrennen, so dass die für Holzfeuerungsanlagen geltenden Emissionsgrenzwerte eingehalten werden. Die Materialeigenschaften und Pyrolysebedingungen, welche für die Qualität der Pflanzenkohle maßgeblich sind (z.B. Zeit der Pyrolyse, Temperaturverlauf, Art und Wassergehalt des Ausgangsmaterials und weitere relevante Prozessparameter) sind vom Hersteller aufzuzeichnen.

Charakterisierung der Pflanzenkohle

Pflanzenkohle wird als Produkt über das Ausgangsmaterial, den pyrolitischen Herstellungsprozess, den Kohlenstoffgehalt von Corg > 50% TM sowie das molare H/Corg-Verhältnis von 0,1 – 0,7 definiert. Biokohlen aus anderen Prozessen wie HTC (Hydrokohle), Torrefaktion oder Verkokung erfüllen diese Vorgaben nicht vollumfänglich und sind folglich nicht von dieser Zulassung eingeschlossen.

Die Grenzwerte für Schwermetallgehalte der Pflanzenkohle dürfen die Grenzwerte für Recyclingdünger nicht überschreiten. Die Schadstoffgehalte an PAK, Dioxinen und Furanen dürfen die Richtwerte für Kompost und Gärgut nicht überschreiten. Der Gehalt an Nährstoffen und der pH-Wert müssen angegeben werden.

Sämtliche Vorgaben zur Charakterisierung und alle Grenzwerte sowie die anzuwendenden Analysemethoden entsprechen der Premiumqualität des European Biochar Certificates (EBC-Certificate).

Ausbringung

Die Pflanzenkohle ist so zu konditionieren (z.B. mit Wasser oder Kompost zu versetzen), dass beim Umgang und bei der Ausbringung keine Staubbelastungen entstehen. Auf angepasste Schutzkleidung beim Umgang und bei der Ausbringung ist hinzuweisen.

Kontrolle, Zertifizierung, Zulassung

Hersteller, die Pflanzenkohle in der Schweiz in Verkehr bringen wollen, benötigen dafür die Genehmigung des Delinat-Instituts. Das Delinat-Institut verlangt dafür die Zertifizierung von Herstellung und Produktqualität nach dem European Biochar Certificates. Die Kontrolle des Zertifikats wird durch das unabhängige, staatlich geprüfte Kontrollorgan q.inspecta durchgeführt. Anwender in der Schweiz dürfen nur solche Pflanzenkohle als Bodenverbesserer einsetzen, welche über eine Genehmigung des Delinat-Instituts verfügt und folglich das EBC-Certificate besitzt. Das Ithaka Institut steht gegenüber dem Bundesamt für Landwirtschaft in der Rechenschaftspflicht über die landwirtschaftlich verwendeten Mengen an Pflanzenkohle und trägt die Verantwortung über die Einhaltung der Qualitäts- und Nachhaltigkeitsvorschriften.

Die Bewilligung gilt bis Pflanzenkohle in die Düngebuchverordnung aufgenommen wird. Dafür räumt der Bund eine Zeit von drei Jahren ein. In diesem Zeitraum sollen auch weitere geeignete Biomassen für die Herstellung von Pflanzenkohle geprüft und in das erweiterte Zulassungsverfahren eingeschlossen werden. Als Grundlage dafür gilt die Positivliste des EBC-Certificate.

Stand der Zulassungsverfahren in der EU

Nachdem in Japan die Pflanzenkohle schon 1984 als Bodenverbesserungsmittel zugelassen wurde, ist die Schweiz nun das erste Land in Europa, das Pflanzenkohle offiziell für den landwirtschaftlichen Einsatz autorisiert. Die strengen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsvorschriften der Schweiz sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich die Pflanzenkohle-Technologie als Schlüsseltechnologie zur Schließung der Stoffkreisläufe entwickeln kann. Solche Vorschriften fehlen derzeit noch in den Ländern der Europäischen Union, aber auch in den USA und anderen Ländern, die vermehrt Pflanzenkohle in der Landwirtschaft einsetzen.

In der EU ist der landwirtschaftliche Einsatz von Pflanzenkohle weder klar geregelt noch explizit verboten. In Deutschland ist Pflanzenkohle zum Beispiel als Futtermittel erlaubt und darf deshalb mit dem Mist kompostiert und auf die Felder ausgebracht werden. Zudem ist Holzkohle als Zusatz für Düngemittel und für Bodenverbesserer erlaubt. Es fehlen aber genaue Definitionen, was als Pflanzenkohle gilt und welche Herstellungsbedingungen und welche Grenzwerte eingehalten werden müssen. In der Schweiz liegt mit der Bewilligung nun eine genaue Definition vor, und strenge Qualitätskontrollen sind vorgeschrieben. Mit dieser Bewilligung wird die Schweiz auch von Seiten der Behörden ihrer führenden Rolle in der Erforschung und im Einsatz der Pflanzenkohle gerecht.

Dank diverser von der EU geförderter Forschungsprojekte wie EBRN, Interreg oder Refertil besteht die Hoffnung, dass in den nächsten Jahren auch in der EU dem nachhaltigen Einsatz von Pflanzenkohle eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird und die Entwicklung einer jahrtausendealten landwirtschaftlichen Praxis nicht von den so stark auf die Agrarchemie ausgerichteten Düngemittelgesetzen eingeschränkt oder gar unterbunden wird.

  • Ueli Steiner
    05.05.2013 13:10

    Lieber Hans-Peter

    Mit Freude lese ich diesen Artikel. Gute Nachrichten für das Delinat-Institut mit den Euch zugedachten Aufgaben. Es ist schön, wenn gute Arbeit mit Erfolg belohnt wird. Wir werden alles daran setzen, Euch weiterhin auf dem Weg zu unterstützen.
    Herzliche Grüsse, Ueli Steiner

  • Albrecht Kieser
    06.05.2013 07:00

    Ganz herzlichen Glückwunsch zu diesem großartigen Erfolg und alles Gute für die Bewältigung der verantwortungsvollen Aufgabe! Das ist hoffentlich ein Durchbruch für die Fortentwicklung im gesamten Europa.
    Beste Grüße
    Albrecht Kieser

  • Jochen Binikowski
    06.05.2013 15:39

    Wenn ich es richtig verstehe, können Landwirte und kleine Produzenten nun keine Pflanzenkohle mehr herstellen, weil die Zertifizierungskosten und Bürokratieaufwand in keinem gesunden Verhältnis zum Ertrag stehen. Stattdessen gibt es ein Oligopol von wenigen großen Herstellern, die auch noch mit der Zertifizierungsstelle verbandelt sind. Auf jeden Fall wird Holzkohle deutlich teurer werden.

    Da nur Holz als Rohstoff eingesetzt werden darf, kann man ja wieder auf den Begriff Holzkohle zurückkommen. Im Artikel steht auch nichts über die Herkunft des Holzes. Muß man das jetzt so verstehen, dass auch Holzkohle aus abgeholzten Regenwäldern verwendet werden darf? So ähnlich wie beim Palmöl, mit WWF-Nachhaltigkeitszertifikat?

    Vieleich kann ja mal jemand erklären, wer nun genau den Nutzen und wer den Schaden hat.

    • hps
      06.05.2013 20:55

      Lieber Jochen, Deine Befürchtungen lassen sich rasch entkräften. Was jeder mit seiner selbst hergestellten Kohle und Brennnesseljauche macht, bleibt von dieser Zulassung unberührt. Es geht nur um Pflanzenkohle, die gehandelt wird, und die muss bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, um großflächig in der Landwirtschaft eingesetzt zu werden. Die Biomasse für diese Pflanzenkohlen darf zumindest in den nächsten drei Jahren nur aus einem Umkreis von 80km vom Herstellungsort kommen, das ist im EBC-Zertifikat so festgelegt. Regenwaldholz ist also ebenso ausgeschlossen wie die Abholzung der Balkanwälder. Der Fortschritt der neuen Regelung besteht einerseits darin, dass die Pflanzenkohle Qualitätskriterien erfüllen muss. Und andererseits, dass nun überhaupt Pflanzenkohle in der Landwirtschaft eingesetzt werden darf. Das war nämlich bisher in der Schweiz strikt verboten. Dass vorher nur Holz und Holzreste wie Sägespäne und Strauchschnitt als Biomasse verwendet werden dürfen, ist zwar bedauerlich, aber für die Übergangszeit ein akzeptabler Kompromiss, der auf eine vorsichtige Entscheidung des Bundes Umweltamtes zurückgeht, welche insbesondere das Nährstoffrecycling der Biomasseströme unter Kontrolle halten will.
      Den Nutzen haben alle die, die Pflanzenkohle in ihrer Landwirtschaft einsetzen wollen und dies nun auch dürfen. Sowie die Pioniere der Pflanzenkohle-Herstellung, die diese nun auch an Landwirte und nicht nur an Stromerzeuger verkaufen dürfen. Grüsse zu Dir, Hans-Peter

  • Jacob Duijn
    06.05.2013 15:46

    Herzlichen Glückwunsch, Güte Nachrichten

  • Berthold Willi
    06.05.2013 20:35

    Lieber Hans-Peter, gerne denke ich an den 14.1.2010 in Heitersheim zurück, als du ganz locker und mit innerer Überzeugung vor 120 Markgräfler Winzer über die Biodiversität und die Biokohle referiertest. 40 Monate später hast du mit der Zulassung der Pflanzenkohle in der Schweiz einen so wundervollen Erfolg verbuchen dürfen. Dein Ziel ist dein eigener Weg. Ich drücke dich.
    Berthold

  • Gerald Dunst
    11.05.2013 14:38

    Lieber Hans-Peter, herzliche Gratulation zu Deinem tollen Erfolg. Wir stecken in Österreich mitten im Bewilligungsverfahren und hoffen nun natürlich auf einen entsprechenden Rückenwind! Auch können wir nun unsere Arbeiten bei der Entwicklung von Pflanzenkohleprodukten wieder verstärkt in Angriff nehmen. Danke für Deinen unermüdlichen Einsatz, Gerald

  • Walter Witte
    31.05.2013 19:18

    ich kann eure Freude über die Biokohle-Zulassung nicht verstehen! Biokohle sind passive Kohlenstoffe, die dem Landwirt außer Kosten nichts bringen. Biokohle hat zwei festgelegte Eigenschaften, sie kann Wasser adsorbieren (Haftwasser) oder man kann sie verbrennen. Alle anderen Eigenschaften muss der Landwirt trotzdem leisten. Er muss düngen und er muss Kompost streuen. Die wahre Lösung ist die Humifikation aller org.Abfälle auf Feld und Hof, die "Mikrobielle Carbonisierung". Hierbei wird der innerte Kohlenstoff aus der Biomasse angereichert, konserviert. Bei interesse sende ich Ihnen gerne einige Bilder oder Info. zu.
    Bicon WOE Witte

  • Wolfgang Weinzettl
    30.05.2014 02:12

    Hallo Alle,
    bin seit ca24 Jahren in NZ, und was das grüne image hier betrifft, bin ich entzetzt.
    Die hiesige Agrarindustrie sowie Landwirtschaft in generell ist ein Verbrechen an diesem Planeten.
    Ich hab aus dieser Erkenntnis heraus, und dem Willen, das zu ändern, ein Verfahren entwickelt, das aus Biomasse Aktivkohle herstellt, bitte nicht mit BioChar verwechseln, BioCarbon (Aktivkohle) hat wesentlich bessere Eigenschaften, im Bezug auf Nährstoffbindung aber auch im Bezug auf Bindung von Wasser und Mikroben.
    Wir sind nun in einem Stadium, eine Großanlage für dieses Verfahren zu bauen, hoffentlich ende 2015 in Betrieb.
    Ausgangsmaterial hier ist Pinus Radiata, bei uns verfaulen ~20 Millionen Tonnen Abschnitt pro Jahr in den Wäldern, was zu Versauerung des Bodens and Absterbung der Mikroben führt,.....
    Na Ja, mal sehen, ob wir NZ und Europa hier ein bisserl unter die Arme greifen können.
    Im Bezug auf Umweltbelastung im Verfahren, wir benutzen die Syngase vom Ligningehalt des Holzes zur Stromerzeugung und haben katalysierte Abgasbehandlung zugeschaltet, um den Abgasausstoss so gering wie möglich zu halten
    So long friends,
    kind regards, Wolfgang

  • Gregor van Emmerik
    29.01.2016 00:23

    Our Company is interested in BioChar production to manage our organic waste. I will be visiting Europe in May and would like to use this time to visit BioChar facilities and production methods. I am also interested in the political frame work of the Swiss Government visionary commitment with the BioChar concepts.

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