World CharDay 2016

von Hans-Peter Schmidt

Zur Sommersonnenwende feiert die internationale Biochar-Gemeinde erneut den World CharDay. Weltweit sind Landwirte, Gärtner, Schulen, Universitäten und Firmen eingeladen, zwischen 18. und 26. Juni so viel Pflanzenkohle wie möglich herzustellen und damit ein Zeichen dafür zu setzen, welche bedeutenden Auswirkungen die Bindung von pflanzlichem Kohlenstoff für den Kampf gegen den Klimawandel haben könnte.

Viel deutet darauf hin, dass die Jahre 2015 und 2016 den Durchbruch bei der Einführung von Pflanzenkohle in die landwirtschaftlichen Stoffkreisläufe gebracht haben. Nachdem 2014 durch den Kon-Tiki eine Technik eingeführt und bekannt gemacht wurde, die es jedem auf der Welt ermöglicht, innerhalb von wenigen Stunden Pflanzenkohle herzustellen, ist es 2015 gelungen, in zahlreichen Praxisversuchen überall auf der Welt zu zeigen, wie Pflanzenkohle einzusetzen ist, so dass Pflanzen deutlich gesünder wachsen und die Erntemengen zunehmen. Es ist sogar gelungen, auf der Basis von Pflanzenkohle organische Dünger zu entwickeln, die die Wachstumswirkung von synthetischen NPK-Düngern übertreffen. Damit erfüllt die Pflanzenkohle endlich das Versprechen, das sich seit 10 Jahren mit den Stories von Terra Preta verbreitet hat, bisher aber fast nie eingelöst wurde.

Bild 1: In zwei Feldversuchen mit Grünkohl wurde Pflanzenkohle entweder mit Kuhurin oder mit verflüssigtem NPK-Dünger aufgeladen, wobei dies einmal direkt auf die heiße Kohle und einmal auf die bereits mit Wasser abgelöschte kalte Kohle aufgebracht wurde. Die Nährstoffgehalte sind in allen Varianten gleich (die im Kuhurin geringere Phosphatkonzentration wurde durch Phosphorsäure an die NPK-Varianten angepasst). Die aufgeladene Pflanzenkohle (1.4 t / ha) wurden vor der Pflanzung mit Kompost gemischt und 10 - 15 cm tief in das Pflanzloch gegeben. Bei gleichen Nährstoffmengen ergab die organische Aufladung der Pflanzenkohle an beiden Standorten eine Verdopplung der Erntemenge im Vergleich zur mineralischen NPK Variante (N=5; p = 0,002 bzw. < 0,0001). Die Ernte in den beiden organischen Varianten (es spielt keine Rolle ob die Kohle kalt oder heiß beladen wurde) betrug beachtliche 54 Tonnen pro Hektar; das schaffen selbst industrielle Kohlfarmen mit Fertigation (Bewässerung mit Flüssigdünger) kaum.

Organische pflanzenkohlebasierte Dünger schlagen Chemiedünger aus dem Feld

Es ist im Grunde so simpel, dass es schwer fällt, die revolutionäre Bedeutung zu erkennen. Anstatt die holzigen organischen Reststoffe von Mikroben veratmen und in CO2 verwandeln zu lassen, wird die Physik des Feuers genutzt, um den Kohlenstoff der Biomasse so in den ursprünglich pflanzlichen Strukturen zu kondensieren, dass eine komplexe, hochfunktionale Mikrostruktur entsteht. Diese funktionale Mikrostruktur mit Mikro-, Meso- und Makroporen wiederum kann flüssige Nährstoffe aufnehmen und als Dünger für Pflanzen und Mikroben zwischenspeichern. Sofern die aufgeladene Pflanzenkohle dann dahin appliziert wird, wo die Pflanzenwurzeln auch davon profitieren können, braucht es auch keine unfinanzierbaren 10 oder gar 20 Tonnen pro Hektar mehr, sondern deutlich geringere Mengen von unter einer Tonne pro Hektar (< 100 g pro m2).

Bild 2: Einbringen des feuchten organisch aufgeladenen Pflanzenkohlesubstrats (hier Pflanzenkohle mit Kuhurin) in 10 - 20 cm Tiefe (links). Vermischen des Substrates mit Kompost und Erde (rechts). Danach wird das Pflanzloch mit Erde aufgefüllt und die Pflanze gesetzt bzw. die Samen gelegt. Was man so im Garten per Hand ausführt, lässt sich durch entsprechenden Umbau der Saatmaschine in einem Durchgang (schlitzen, Substrat-Injektion, schließen und säen) auch in der Feldbewirtschaftung umsetzen. Wird die Flüssiggülle entsprechend mit Pflanzenkohle gemischt, braucht es auch keine Wartezeit zwischen Düngung und Saat mehr.

Während wasserlösliche Mineraldünger über die Felder verstreut werden und der Regen sie dann zu den Wurzeln (und ins Grundwasser) wäscht, haben die organischen pflanzenkohlebasierten Dünger die besondere Eigenschaft, die Nährstoffe weitgehend zu binden und biologisch dosiert den Wurzeln und ihren mikrobiellen Symbionten freizugeben. Darum aber müssen sie gezielt in die Wurzelzone der Pflanzen eingebracht werden.

Und das sind die drei entscheidenden Elemente, die unseres Erachtens den Durchbruch bei der Nutzung der Pflanzenkohle in der Landwirtschaft bewirken:

  1. Pflanzenkohle kann von jedem selbst dezentral auf dem Hof, Feld oder im Garten in bester Qualität hergestellt werden. Die Emissionen dabei sind um ein Vielfaches geringer als wenn die Biomassen ungenutzt verwesen oder auch kompostieren (hier eine gerade erschienene

    wissenschaftliche Veröffentlichung zu Kohlequalität und Emissionen des Kon-Tiki). Entstehende Abwärme kann und soll genutzt werden.

  2. Vor der Einbringung der Pflanzenkohle in den Boden muss diese mit organischen Nährstoffen wie Tier- oder Menschenurin, Heusaft, Kompostextration oder Flüssigfermenten aufgeladen werden. Als Faustwert gilt ein Mischungsverhältnis von 1 : 1 Volumenanteilen Pflanzenkohle zu organischen Nährstoffen. Zahlreiche Versuche haben gezeigt, dass das Beladen mit aufgelösten mineralischen NPK- Düngern nicht die gleiche positive Wirkung zeigt (siehe Abbildung unten).
  3. Die nährstoffbeladenen Pflanzenkohlen müssen in die Wurzelzone appliziert werden. Dazu wird das Substrat entweder vor dem Pflanzen oder Aussäen konzentriert in das Pflanzloch gegeben, oder in einem ca. 30cm tiefen Graben auf der einen Seite einer Spalierkultur (Wein, Himbeeren) oder im Umkreis der Baumkrone verabreicht. Das Substrat kann auch in Bohrlöcher und mit Druckluft in die Wurzelzone injiziert werden. Für einjährige Pflanzen sind 5 m3 Pflanzenkohle pro Hektar (500 ml pro m2) ausreichend (eine gute Hand voll pro Pflanze). Für mehrjährige Pflanzen kann die Menge entsprechend erhöht werden. Bei entsprechender Anpassung der landwirtschaftlichen Maschinen, lässt sich dies problemlos auch auf viele Hektar großen Schlägen umsetzen (in der Ökoregion Kaindorf findet gerade ein 15 ha großer Versuch mit Mais statt).

Wir werden über den kommenden Sommer und Herbst die Methoden detailliert im Ithaka Journal beschreiben, illustrieren und mit vielen Resultaten untermauern. Für den heutigen Aufruf zur Beteiligung am 2ten World CharDay sollte es nur eine kurze Zusammenfassung des derzeitigen Forschungsstandes sein und Anregung geben, selbst Versuche anzulegen und weitere Erfahrungen zu sammeln.

Teilnahme am World CharDay

Der 21. Juni ist der Tag der Sommer-Sonnenwende, auf der nördlichen Halbkugel auch als Mittsommernacht bezeichnet. Viele Kulturen haben eine lange Tradition, diesen Tag mit einem Fest zu begehen und dabei ein eindrucksvolles Lagerfeuer zu entfachen (und hindurchzuspringen!). Es ist und soll ein Tag der Gemeinschaft sein und ein Tag, der mit den Elementen Feuer, Wasser, Holz und Luft die Vergangenheit mit der Zukunft verknüpft: Die Vergangenheit, als wir noch aus dem täglichen Umgang wussten, was wir an diesen Elementen haben, und die Zukunft, wenn wir wieder wissen werden, was wir diesen Elementen verdanken.

Bild 3: Je nach Bodentyp dauert es eine halbe bis eine Stunde, um einen Erd Kon-Tiki zu graben und anzufeuern. Mit Stampflehm kann man ihn auch Wasserdicht machen und so das Quenchwasser zurückgewinnen. An die Funktionalität eines kippbaren Kon-Tiki aus Stahl mit Wasseranschlüssen, Schutzmantel und Haube zur Wärmerückgewinnung kommt der Erd Kon-Tiki nicht heran, aber es ist eine wunderbare Möglichkeit sich dem Kohlehandwerk und den Urelementen zu nähern. Besonders zur Sommersonnenwende...

Die Mitglieder der weltweiten Pflanzenkohle-Gemeinschaft sind eingeladen, es den Parlamentariern und Klimaverhandlern der Welt vorzuführen und zwischen 18. und 26. Juni ihr eigenes Pflanzenkohle-Fest zu zelebrieren. Laden Sie Ihre Familienangehörigen, Freunde und Nachbarn ein, das Wissen und die Kunst zu teilen, auf einfache Kon-Tiki oder andere Art Pflanzenkohle herzustellen und diese mit den wertvollen Pflanzennährstoffen des menschlichen Stoffkreislaufes zu verbinden und so zu fruchtbarer Erde zu machen.

Jeder, der Pflanzenkohle herstellen kann – und wer kann das nicht ? -, sollte an diesem Tag angesammelte Äste, Grünschnitt, Erntereste und sonstige holzige Biomasse zu Pflanzenkohle verarbeiten. Wird die Pflanzenkohle dann mit flüssigen organischen Nährstoffen aufgeladen und in die Wurzelzone der Garten- und/oder Feldpflanzen appliziert, stimuliert sie das Wachstum von Gemüse und Obst in der zweiten Jahreshälfte. Aus der Menge der von allen Teilnehmern an diesen Tagen hergestellten Pflanzenkohle werden wir wieder eine Abschätzung der CO2-Menge vornehmen, die dauerhaft der Atmosphäre erspart bleiben, wenn die Pflanzenkohle ins Erdreich eingebracht wird.

Wenn Sie sich von der Teilnahme an diesem weltweiten Pflanzenkohlefest überzeugen lassen, dann setzen sie ihren Kon-Tiki, TLUD, ihre Retorte oder industrielle Pyrolyseanlage in Betrieb und teilen Sie uns mit, wie viel Pflanzenkohle Sie produziert haben. Wir werden die Ergebnisse zusammenfassen und wieder im Ithaka Journal veröffentlichen. Bitte schreiben Sie uns (1) den Namen des Kohlemeisters, (2) ihr Land, (3) die Ausgangsstoffe für die Verkohlung, (4) die produzierte Menge an Pflanzenkohle und (5) die Anzahl derer, die an diesem Tag von Ihnen die Herstellung und Anwendung von Pflanzenkohle erlernt haben. Bitte tragen Sie die Antworten in den Fragebogen ein, den Sie über folgenden Link erreichen: https://www.surveymonkey.com/r/JK5B55J.

Pflanzenkohle herzustellen, ist nicht nur ein Kinderspiel, sondern eine der schönsten Tätigkeiten und Lehrstunden, die die Familie und Freunde in der Natur zusammenbringt.

Wir würden uns auch über Bilder ihres Pflanzenkohle-Festes freuen und werden eine Bildwand der weltweiten Aktion im Internet gestalten. Wir haben bereits Zusagen aus 57 Ländern, nämlich aus all den Orten, wo der Kon-Tiki sich in den letzten beiden Jahren bereits in der Praxis durchgesetzt hat. Eine Anleitung zum Selbergraben eines Erd Kon-Tikis finden Sie übrigens auf der Ithaka Webseite.

Lassen Sie uns der Welt zeigen, was die Gemeinschaft der Pflanzenkohlekundigen vermag. Und erinnern Sie sich, was wir letztes Jahr gemeinsam versprachen: Am 21. Juni 2016 die Menge der weltweit am World CharDay hergestellten Pflanzenkohle gegenüber 2015 zu verzehnfachen. Das ist das Ziel!

  • Julius Naser
    18.06.2016 09:18

    Gibt es zufällig in Berlin jemand, der am World CharDay was macht ?

    • hps
      18.06.2016 09:22

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