Aufforstung kahler Berge
von Hans-Peter Schmidt
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In Nepal wurden Siedlungen und Dörfer meist an solchen Stellen errichtet, wo es ausreichend Quellen für die Trinkwasserversorgung und genügend Wald für Brennholz gab. In der Regel ist dies am Fuße von Hügeln und Bergen gegeben. Deshalb enthalten viele Dorfnamen gerade in Nepal die Wörter Holz, Wald und Wasser. Ein besonderes Beispiel ist das wunderschön gelegene Bandipur, was übersetzt «Wald-Wasser» bedeutet.
Doch in dem Maße wie eine solche am Fuße eines Hügels gelegene Siedlung wächst, wird der Bedarf an Ressourcen und insbesondere an Bau- und Brennholz größer. Die Bewohner beginnen folglich nicht nur Bruchholz und einzelne Bäume aus dem Wald zu holen, sondern holzen sich quasi von der Siedlung den Hügel hinauf zum Gipfel. Die Holzentnahme wird deutlich größer als der Nachwuchs, und so dauert es oft nur einige Jahrzehnte, bis der majestätische Siedlungshügel, das Wahrzeichen des Dorfes oder der Stadt, zum kahlen Hügel oder Kahlberg wird.
Liegt der Hügel entwaldet unter der Sonne und ist den schweren tropischen Regenfällen ausgesetzt, dauert es nicht lang bis der Oberboden bis zum Mutterfels erodiert. Und mit der Entwaldung des Berges versiegen auch dessen Quellen, so dass das ursprüngliche «Wald-Wasser-Dorf» bald weder Wasser noch Wald mehr hat. Wer nicht auswandert (zum nächsten Waldhügel), muss den Lebensstil und Ressourcenverbrauch stark einschränken. Und sobald der Oberboden einmal erodiert ist und auf dem Hügel auch kein Wasser mehr vorhanden ist, kommt auch niemand mehr auf die Idee, den Hügel wieder zu bewalden, denn dafür müsste man nicht nur Kompost, sondern auch wöchentlich Wasser vom Dorf den Hügel hinauftragen. Dann dauert es auch nur noch ein oder zwei Generationen, bis niemand mehr auch nur die Vorstellung hat, dass der Hügel sich einst mit wildem Wald und Tieren hinter dem Dorf erhoben hatte.
Beispiele solcher Kahlbergdörfer lassen sich von Italien über ganz Anatolien, den Kaukasus und Hindukusch entlang bis ans ostchinesische Meer finden. Kahlberge sind Kennzeichen jeder Zivilisation seit dreitausend und mehr Jahren.
Aufforstung des Kahlbergs von Bandipur
Seit ich 2014 erstmals nach Bandipur kam und in der Abendstimmung den Kahlberg bestieg und plötzlich durch den letzten Baum hindurch die Gipfelkette des Himalayas erblickte, war es mein Traum, diesen wunderschön geformten Berg mit dem einmaligen Blick zu den Gipfeln der 8000er wieder aufzuforsten und wie in den Wäldern der Nachbarberge die Affen an Lianen von Baum zu Baum schwingen zu sehen.
Die Aufforstung von Kahlbergen schützt diese vor weiterer Erosion und gefährlichen Erdrutschen. Die Erde wird wieder fruchtbar, Wildtiere kehren zurück. Bereits nach einigen Jahren sprudeln dann auch die Quellwasser wieder, denn die Baumwurzeln machen das Erdreich durchlässiger und erhöhen zugleich die Wasserspeicherfähigkeit. Anstatt in Sturzbächen den kahlen Berg hinunterzuschießen, wird das Wasser in die Tiefe des Bodens geführt, wo es die Quellen wieder füllt. Der Wald wird die Attraktivität und Schönheit des Ortes weiter steigern, die Artenvielfalt und das lokale Klima verbessern. Zudem wird der Wald als Speicher für über tausend Tonnen Kohlenstoff dienen, und so die Emissionen sowohl der Stadt als auch der Unterstützer des Projektes kompensieren.
Das Pflanzen von Bäumen in diesem stark erodierten, felsigen Boden ist allerdings in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung. Dem Boden fehlt es an biologischer Aktivität, was das Wachstum und die Gesundheit der Bäume beeinträchtigt. Aufgrund der geringen organischen Bodensubstanz ist die Wasserspeicherkapazität so gering, dass die Bäume während der langen Trockenperioden in der Wintersaison nicht genügend natürliches Wasser finden. Da es auf dem Hügel keine Quelle oder Wasserleitung gibt und keine Straße zum Gipfel führt, müsste das gesamte Bewässerungswasser auf Rücken und Schultern hinaufgetragen werden, was für die Bewässerung von tausenden Bäumen nicht machbar ist. Darüber hinaus ist der Hügel steil und exponiert, was es noch schwieriger und gefährlicher machen würde, das Wasser auf die einzelne Bäume zu verteilen.
Diese vielfältigen Herausforderungen scheinen unüberwindbar und waren in der Tat der Grund, warum der berühmte Bandipur-Hügel seine Waldbedeckung nicht schon früher wiedererlangt hat. Um das Überleben und das Wachstum der Bäume im steilen, felsigen und armen Bodens und trotz ausgedehnter Dürreperioden zu gewährleisten, entwickelte das Ithaka-Institut eine neue Strategie zur Wiederaufforstung von Kahlbergen. Diese Strategie beinhaltet u.a. die
- Verwendung von Bodenhilfsmitteln auf der Basis von Pflanzenkohle, um die Nährstofffreisetzung und die Wasserspeicherung zu verbessern.
- Installation von Wasserbox-Bewässerung, um den kapillaren Wassertransport aus dem Untergrund zu stimulieren.
- Anlage von Wasserauffangbecken zur Speicherung von Regenwasser.
- Gewinnung von natürlichem Bewässerungswasser durch Nebelkondensation auf dem Hügel.
1. Bodensubstrat auf der Basis von Pflanzenkohle für eine verbesserte Wasserbewirtschaftung und Nährstoffverfügbarkeit
Die Bäume werden so gepflanzt, dass in der Wurzelzone ein Pflanzenkohle basiertes Substrat eingebracht wird. Die Pflanzenkohle für die Aufforstung wurde von Landwirten aus den Dörfern um Bandipur mit der Kon-Tiki-Methode hergestellt. Diese hatte Ithaka bereits 2015 in der Region eingeführt und seither für den Aufwuchs zahlreicher Gemüse- und Gewürzsorten verwendet. Die Pflanzenkohle wird dabei zunächst in Auffanggruben in unmittelbarer Nähe der Ställe verwendet, so dass der ablaufende Rinderurin die Pflanzenkohle auflädt. Die Pflanzenkohle wird so mit organischen Nährstoffen und Signalsubstanzen angereichert. Der Urin-Pflanzenkohle-Dünger wird dabei im Verhältnis von 1: 1 (vol) mit Kompost gemischt und schließlich mit zwei bis vier Litern pro Baum in das Pflanzloch eingebracht.
2. Wasserboxen zur kapillaren Wasserversorgung
Die Wasserboxen wurden von dem Holländer Pieter Hoff (www.groasis.com) entwickelt und weltweit unter verschiedensten Umweltbedingungen erfolgreich getestet. Selbst in extremen Klima- und Bodensituationen wie der arabischen Wüste oder in erodierten Trockengebieten in Spanien hat sich das sogenannte Groasis-System als sehr effizient erwiesen.
Die geniale Groasis-Idee basiert auf drei entscheidenden Elementen: (1) Die ca. 20 l fassende Box ist verschlossen, so dass das Wasser vor Verdunstung geschützt ist. (2) Über die entsprechend geformte Oberfläche des Deckels kann Regen- und Tauwasser die Box auffüllen. (3) Aus der Unterseite der Wasserbox steht ein 5 cm langer Docht hervor, der das Wasser ganz langsam an den Boden abgibt und dafür sorgt, dass der Boden unter der Box beständig leicht angefeuchtet bleibt. Durch die so entstehende Feuchtigkeitssäule unter der Box kann über kapillare Kräfte Wasser aus den unteren Bodenschichten zu den Wurzeln steigen.
Leider sind die hervorragenden Groasis Wasserboxen viel zu teuer für einen Einsatz in Nepal, wobei der Versand aus Europa den Preis noch einmal verdoppelt. Wir haben uns daher überlegt, wie wir in Nepal selbst eine vereinfachte Version selber herstellen können. Die von uns verwendeten Wasserboxen werden im Vergleich zur originalen Groasisbox eine eimerartige Form haben und anstatt den Baum komplett zu umgeben, ihn nur seitlich einschließen. So wird das Design simpel genug, damit die Boxen in einer lokalen Werkstadt aus recyceltem PET von weggeworfenen PET-Flaschen hergestellt werden können. Die Herstellung der Wasserboxen schafft somit nicht nur Arbeitsplätze und verringert eines der Hauptprobleme bei der Abfallentsorgung, sondern senkt auch die Kosten für Wasserkästen um mindestens das Zehnfache.
Die neue PET-Wasserbox kann sowohl Regen- als auch Tauwasser sammeln und liefert trotz vereinfachtem Design Feuchtigkeit in die Wurzelzone, um die Hauptfunktion, das Aufsteigen kapillaren Bodenwassers, zu erfüllen.
3. Wasserspeicher und Nebelwassergewinnung
Die Wasserbox reduziert erheblich die Menge an Bewässerungswasser, die während der Trockenzeit benötigt wird. Dennoch müsste jede Wasserbox mindestens einmal pro Winter mit etwa 20 Litern Wasser befüllt werden. Wenn es sich nur um 20 oder 50 oder sogar 100 Bäume handeln würde, wäre es sicher möglich, diese Wassermenge vom Rand der Stadt hinauf zu den Bäumen auf dem Hügel zu transportieren, aber für mehrere Tausend Bäume, die zur Wiederaufforstung des einst majestätischen Hügels benötigt werden, ist dies schier unmöglich.
Um also zu vermeiden, dass Wasser bergauf transportiert werden muss, müssen wir oben auf dem Hügel Wasser ernten und speichern. Ein Teil des Regenwassers der Regenzeit wird daher kanalisiert und in Rückhaltebecken gespeichert. Diese Becken werden insbesondere in den Übergangszeiten helfen, aber es lässt sich darin nicht genug Wasser speichern, um die ausgedehnte Trockenzeit zu überstehen, da es ohne Beton und Plastik sehr schwer ist, die Becken komplett dicht zu bekommen. Für letzteres bräuchte es lehmreichen Boden und Wasserbüffel, die beim Baden die Seitenwände schmirgeln und den Boden stampfen. Obwohl dies traditionelles Wissen ist, ist es mir noch in keinem Dorf gelungen, die Leute zu überzeugen, dass es die mit Abstand beste Methode ist.
Um also allzeit genügend Wasser zum Nachfüllen der Wasserboxen bereitzustellen, hat das Ithaka-Institut begonnen Netze zu installieren, mit denen sich aus der Feuchtigkeit von Nebel Wassertropfen kondensieren lassen. Nebelschwaden, wie sie in den Vormittagsstunden der sonst trockenen Wintersaison häufig über den Berg wehen, können in diesen Nebelnetzen bis zu 5 Liter Wasser pro m2 und Tag sammeln. Für je 1000 Bäume bauen wir daher 15 rund 1,2 m2 große Nebelnetze auf (siehe Abb. 10). Das gesammelte Wasser wird zunächst in geschlossenen Tanks gesammelt. Von dort aus können die umliegenden Bäume mit flexiblen Schläuchen und unter Nutzung der Gravitation relativ mühelos bewässert werden.
Die von uns eingesetzten Nebelwassernetze werden von der kanadischen Firma Fogquest (www.fogquest.org) entwickelt und hergestellt. Für das Projekt in Bandipur hat uns die kanadische Stiftung das Material für die Netze zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt. Während die Technologie bereits in Nepal und in vielen anderen Ländern, insbesondere in Lateinamerika, getestet wurde, ist die Nutzung der Technologie für Wiederaufforstungsaktivitäten wie in Bandipur eine Premiere, von der sich hoffentlich viele Regionen auf der ganzen Welt inspirieren lassen.
4. Strategie der Aufpflanzung
Im Juni 2019 haben wir die Aufpflanzung mit zunächst sieben Pionierbaumarten (Michelia, Amlabaum, Kiefer, Zimt, Zedrach, Saraca asoca und Banyan ) begonnen, um ein schnelles robustes Wachstum zu erzielen, sowie für Schatten und Mulchmaterial zum Wiederaufbau des Oberbodens zu sorgen. Diese Pionierbäume wurden in Abständen von etwa 10 m gepflanzt. Sobald die Pionierbäume Mannshöhe erlangen und bodenbildenden Mulch liefern, werden die Bereiche zwischen den Pionierbäumen entweder mit niedrigeren, schattenliebenden Bäumen wie Kaffee und Kakao bepflanzt oder, je nach Steilheit, dem natürlichen Nachwuchs überlassen. Unter Verwendung von Biokohle-Ton-Samenbomben werden wir zudem die unzugänglichsten Zonen aus der Luft besäen.
In der ersten Regenzeit 2019 wurden bereits gut 9000 Bäume gepflanzt (siehe Abb. 11). Dabei konnten wir auf Pflanzmaterial zurückgreifen, welches in den Baumschulen erzeugt wurde, die bereits zuvor durch Ithaka-Initiativen in den umliegenden Dörfern für das Pflanzgut von Waldgärten aufgebaut worden waren. Das Bezirksforstamt (DFO) hat zudem die Initiative mit der Lieferung von Waldbaumsämlingen (Fichte und Michelia) unterstützt.
4. Kohlenstoffsenken, CO2-Zertifikate und Wirtschaftlichkeit
Die Hügelbewaldung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Ithaka Instituts und der Stadt Bandipur. Ithaka deckt dabei alle Materialkosten für die Baumschulen und Setzlinge, die Substratproduktion auf Pflanzenkohlebasis, die Produktion der Wasserboxen, die Wasserspeicherung, die Nebelwassersammlung und die Bewässerungsrohre. Bandipur organisiert und finanziert die für die Bepflanzung erforderlichen Arbeitskräfte.
Ithaka berechnet und zertifiziert zudem jährlich den durch den Wald und die Waldprodukte gebundenen und gespeicherten Kohlenstoff und ist für den Verkauf der Zertifikate für diese Kohlenstoffsenken verantwortlich. Der derzeitige Preis pro Tonne CO2eq beträgt 35 Euro. Neben den Einnahmen aus dem Verkauf der CO2-Zertifikate (via CO2-Abo) wird das Projekt zudem durch den Freundeskreis des Ithaka Instituts mit Spenden unterstützt. Sobald alle Ausgaben durch den Verkauf von Kohlenstoff-Senken-Zertifikaten und Spenden des Freundeskreises gedeckt sind, werden alle weiteren Einnahmen aus dem Verkauf der Klimadienstleistung, die der neue Wald durch biologischen Entzug von CO2 aus der Atmosphäre erbringt, zweckgebunden an die Gemeinde Bandipur überwiesen.
4. Bandipur Kaffee
Auf der nordöstlichen, der Stadt zugewandten Seite des Hügels wurde bis vor wenigen Jahren noch Getreide und Gemüse auf engen Terrassen angebaut. Inzwischen wurden die Terrassen aber aufgrund der sehr schwierigen Arbeitsbedingungen aufgegeben. Ohne entsprechende Pflege würden diese wunderschönen, wahrscheinlich jahrtausendealten Terrassen mit fruchtbarem Boden schnell erodieren bzw. verwildern. Für den traditionellen Ackerbau sind die Terrassen zu klein und zu schwer zugänglich. Die Plantage eines Waldgartens, in dem Obst, Nüsse und Kaffee angebaut werden, würde jedoch nicht nur das Erbe der fruchtbaren Terrassen bewahren, sondern könnte auch rentabel sein, wenn der Kaffee geröstet und als Bandipur-Kaffee an die örtlichen Kaffeehäuser verkauft würde. Die Früchte und Nüsse könnten getrocknet und als energiereiche Snacks für Wandertouren verpackt an Touristen verkauft werden.
Um die Terrassen mit schattigen Kaffeewaldgärten neu zu bepflanzen, hat die Gemeinde Bandipur die örtlichen Bauern und Grundbesitzer eingeladen und die meisten tatsächlich von dem Konzept überzeugt. Ithaka hat die Jungbäume zur Verfügung gestellt, die Bewässerungsbecken und Nebelnetze finanziert und wird mit der ersten Kaffeeernte 2021/22 beim Aufbau der Marke Bandipur-Kaffee helfen.
Sich beteiligen
Durch die finanzielle Hilfe des Ithaka Freundeskreises sowie durch persönliche CO2-Abos konnten 2019 bereits über 9000 Bäume am Bandipurberg gepflanzt werden. Im kommenden Jahr werden wir noch einmal die ungefähr gleiche Anzahl Bäume hinzupflanzen. In der näheren Umgebung haben wir zudem fünf weitere Kahlberge identifiziert, an deren Fuß die Dörfer in der Trockenzeit kein Quellwasser mehr haben. Wir hoffen, dass wir in den nächsten fünf Jahren das System soweit optimiert haben, dass es sich im ganzen Land und über die Grenzen hinaus multiplizieren wird.
Werden auch Sie Mitglied im Freundeskreis des Ithaka Institutes oder kompensieren Sie mit Waldgärten Ihre Klimaemissionen. Kontaktieren Sie uns unter: info@ithaka-institut.org
Koloman Götzl
28.12.2019 16:58
Liebes Ithaka-Theam,
Gratulation und Hochachtung für dieses neu Projekt der Hügelaufforstung.
Wie alle Projekte zuvor, scheint auch dieses bis ins Kleinste durchdacht und erfogversprechend - sowohl der Umwelt als auch der Bevölkerung von nachhaltigem Nutzen. Und das obwohl die Steilheit des Hügels sicher eine zusätzliche Herausforderung ist!
Ich freue mich als CO2-Abo-Besitzer mit einem kleinen Beitrag dabei sein zu können.
Ich wünsche dem Team alles Gute und weiterhin soviel Mut und Kraft wie möglich zur Umsetzung so wichtiger Projekte!
Herzliche Grüße
Koloman Götzl
Etienne
29.12.2019 22:06
Guten Tag,
ein anderes Projekt scheiterte an den Kosten der Waterboxx. Können die vereinfachten Boxen in low-tech hergestellt werden? Gibt es irgenwo eine Anleitung?
Danke
hps
29.12.2019 23:40
Wir sind mit den neuen Wasserboxen leider noch nicht so schnell, wie ursprünglich gehofft, so dass wir noch keine verlässlichen Resultate aus Feldtests haben. Die original Waterbox von Groasis ist phantastisch ausgetüftelt und langjährig getestet. Das Problem ist nur, dass die Firma an jeder Box substantiell verdienen will und Angst davor hat, kopiert zu werden. So sind die Boxen, obwohl sie eingestandenermaßen die besten sind, viel zu teuer. Wir nehmen in Kauf, dass unser stark vereinfachtes System vielleicht nur halb so effizient ist, dafür aber mehr als 15 mal billiger.
Das Grundprinzip ist ein geschlossener, eher breiter als tiefer Eimer mit einem Docht am Boden, so dass das Wasser so langsam in den Böden übergeht, dass es über Kappilarkräfte Wasser aus tieferen Bodenschichten ziehen kann. Der Deckel sollte dann so geformt sein, dass Regenwasser einfließen kann, was allerdings eine kleines Röhrchen als Wassersäule benötigt, damit das Wasser nur von unten in den Eimer gelangt, da ansonsten zu viel Wasser verdunsten würde. Um Algenwachstum zu verhindern, sollte das Wasser vor Licht geschützt werden. Einige Kohlestücken im Wasser sorgt ebenfalls für bessere Wasserqualität.
Der Eimer wird direkt neben den gepflanzten Baum gesetzt. Der Baum sollte dann in ein Schutzmantel gesetzt werden, was nicht nur vor Verbiss schützt, sondern den Baum auch schneller zum Licht wachsen lässt.
Sobald wir mehr Erfahrungen und Test mit dem eigenen System aus rezykliertem PET haben, werden wir diese in einem gesonderten Artikel beschreiben und die Baupläne zur Verfügung stellen.
Hermann
06.01.2020 18:50
Ein wahnsinnig tolles Projekt.
Zoltán Debreczy
10.01.2020 14:05
Ich liebe eure Projekte, Gratulation!
Der Wasserbox -das Produkt- ist wirklich brilliant durchdacht, aber Plastik -auch wenn rezykliert- ist für mich immer nur die letzte Wahl. Haben Sie eventuell Lösungen mit Tongefäßen auch evaluiert?
hps
10.01.2020 22:47
Mit Tontöpfen haben wir vor einigen Jahren ebenfalls in Nepal experimentiert. Das funktionierte bei Chili und Tomaten sehr gut. Allerdings braucht es im Vergleich zur Waterbox deutlich mehr Wasser, da die Tontöpfe Wasser durch ihre Wände an die Erde abgeben (was bei Gemüse ja das Ziel ist). Bei der Waterbox tritt das Wasser ja nur über den mittigen Docht ins Erdreich, wodurch das Wasser einer Box bis zu 6 Montate ausreicht.
Trotzdem missfällt uns der Einsatz von Kunststoffen natürlich auch, aber indem wir versuchen, zunächst eine Möglichkeit für das lokale Recycling der allgegenwärtigen PET-Fläschen zu finden, erzeugen wir nicht mehr Kunststoffe, sondern sorgen für deren Sammlung und Weiterverwendung. Man könnte die Waterbox auch aus ligninbasierten Kunststoffe oder komprimiertem Holz oder auch anderen biogenen Materialien herstellen, aber in einer Situation wie in Nepal, wo praktisch keine Möglichkeit substantieller Investitionen vorhanden ist, scheint uns Plastikrecycling vorerst eine gar nicht so schlechte Methode, um gleich jetzt schon mit der Aufpflanzung der Hügelwälder zu beginnen.
Die Waterboxen werden nach Gebrauch natürlich wieder eingesammelt, wiederverwendet oder ihrerseits rezykliert.
Mit besten Grüssen, Hans-Peter Schmidt
Magdalena
20.04.2020 15:18
Hallo,
ich höre heute zum ersten Mal von euch und finde das Projekt wahnsinnig spannend.
Allerdings habe ich eine Frage: Wie wählt ihr die zu pflanzenden Baumarten aus? Orientiert ihr euch da an den natürlicherweise vorkommenden Arten oder an wirtschaftlich geeigneten Bäumen?
Wäre eine Kooperation mit Ecosia eventuell eine Möglichkeit für euch, zumindest teilweise die finanziellen Probleme mit den Wasserboxen zu lösen?
Weiter so und gutes Gesundbleiben,
Magdalena
hps
21.04.2020 09:19
... wir orientieren uns für die Hügelbewaldung schon an lokalen Baumarten, aber da es eine Mischung aus Waldgarten und Naturwald ist, pflanzen wir eben auch Kulturarten wie Kaffee, Zimt, Nussbäume sowie Pionierarten, unter denen dann auch die lokalen Baumsamen wieder keimen können. Also es ist kein Wirtschaftswald, aber auch kein reiner Wildwald. Es braucht hier einfach auch Kompromisse, um alle Partner einbinden zu können und den ökologischen und sozialen Erfolg des ganzen Projektes zu sichern.
Einen Kontakt mit Ecosia und ähnlichen Organisationen sollten wir tatsächlich versuchen. Denn während Ecosia z.B. für Aufforstung sorgt, wo die Pflanzung und Aussaat von Bäumen vergleichsweise einfach und damit kostengünstig ist, versuchen wir uns an den schwierigen, degradierten Böden, wo jeder Baum nicht nur gepflanzt werden muss, sondern über mindestens zwei Jahre auch regelmässige Pflege braucht, was die Kosten viel höher (mindestens 10 x höher) sein lässt. Es braucht beides, die einfache Aufforstung und die schwierige.
Mit besten Grüssen, Hans-Peter Schmidt
Marion Üdema
22.10.2021 19:53
Hallo, gibt es mittlerweile Anleitungen zum Nachbau der Wasserbox? Ich bin in Portugal ansässig ( Algarve )und hier gibt es mehrere aufforstungsinitiativen, da viel Waldfläche durch Brände zerstört wurde. Unter anderem habe ich an einer Aktion mit der Uni Lissabon teilgenommen, in der 2500 Bäume gepflanzt wurden. Leider wurde dort lediglich mit Mulch gearbeitet und man geht von einer 50% Igen Mortalität aus. Wässern ist nicht möglich, da zu steil / unwegsam. Erschwingliche oder diy Wasserboxen würden ungemein helfen. Über ein Update/ Fotos oder Bauanleitungen würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Ü.
hps
24.10.2021 22:00
Liebe Marion,
leider sind die Kollegen in Nepal mit den Wasserboxen noch nicht so vorangekommen, wie ich mir das erwünscht hätte. Sie sind immer noch am Bau und Testen der Recycling-Plastik Extruder und haben die eigentlichen Wasserboxen noch nicht gepresst. Wir bleiben da dran, und veröffentlichen es im Journal, sobald etwas Empfehlenswertes entstanden ist. Herzlich, Hans-Peter