Skalierung der Pilzzucht in Nepal

von Lena Marti & Simon Lotz

Im Spätsommer 2023 konnte die erste Pilzproduktion im Bergland von Nepal aufgebaut werden. Wir berichten von einer Reihe an Schwierigkeiten, die zu überwinden waren. Aber kurz vor Jahresende konnten tatsächlich die ersten Kochkurse zur Verwertung der angebauten Pilze durchgeführt werden. Im nächsten Schritt geht es nun darum, das Wissen um die neue Kulturtechnik schrittweise von Dorf zu Dorf zu verbreiten.

Nach zahlreichen Vorbereitungen war es im September 2023 endlich so weit, dass die ersten Speisepilze in Ratanpur, Nepal, kultiviert wurden. Die erste Anbauversuche wurden mit Austernpilzen, Parasol, Limonen- und Rosenseitlingen durchgeführt. Um Methoden zu finden, die den Bedingungen vor Ort entsprechen, wurden verschiedene Ansätze getestet. Wichtig war es dabei lokale Substrate zu verwenden, um Nährstoffkreisläufe geschickt zu schließen. Unter anderem wurden für den Pilzanbau Reisstroh und Erntereste aus der Linsenproduktion als Substrat verwendet. Die Pasteurisation des Substrats erfolgte für die ersten kleinskaligen Versuche noch in der Küche, in Zukunft soll dies aber durch Abwärmenutzung bei der Pflanzenkohleproduktion geschehen. Um den Speisepilzen gute Wachstumsbedingungen zu bieten, und gleichzeitig kosteneffektive Möglichkeiten aufzuweisen, haben wir für die Pilzzucht ein Pilzhaus aus Naturmaterialen wie Bambus und Heu gebaut. Die Naturmaterialen sollen dazu dienen, ein angenehmes Klima für die Pilzzucht bereitzustellen. Da die Naturmaterialien quasi kostenfrei verfügbar sind, können diese Pilzhäuser ohne direkten finanziellen Aufwand von den Dorfbewohnern selbst errichtet werden.

Abbildung 1: Das erste Pilzhaus aus Bambus und Heu in Ratanpur.
Abbildung 1: Das erste Pilzhaus aus Bambus und Heu in Ratanpur.

In den Pilzhäusern sind die Pilze geringerer Hitze und gleichmäßigeren Temperaturen ausgesetzt, außerdem ist Schädlingsdruck hier geringer ist als im Freiland. Bei der genutzten Methode werden Substrat und die sogenannte Pilzbrut (Pilzsporen) geschickt in einem Plastiksack aufgeschichtet. Das Myzelium des Pilzes durchwächst daraufhin das Substrat und bildet bereits nach einigen Wochen Fruchtkörper, welche dann konsumiert werden können. Die Säcke und ihre Umgebung werden regelmäßig mit Wasser besprüht, damit eine optimale Feuchtigkeit für das Pilzwachstum erzielt werden kann. Die ersten lokalen Kulturversuche haben bereits, wortwörtlich, Früchte getragen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Die erste Austernseitlinge (links) und Rosenseitlinge (rechts).

Im Pilzhaus wurden zudem Beete angelegt, in denen beimpfte Strohsäcke vergraben werden können, um gemäßigtere Temperaturen zu erreichen. So testen wir zunächst verschiedene Möglichkeiten und verschiedene Sorten. Es wird sich zeigen, unter welchen Temperaturen die verschiedenen Sorten am besten gedeihen und wie sie am erfolgreichsten angebaut werden können. Auch soll zukünftig der Anbau in offenen, mit Substrat gefüllten Beeten erprobt werden, um den Anbau im Freiland und den Waldgärten zu ermöglichen.

Abbildung 3: Die Pilzbrut (links), das Beimpfen des Reisstrohs (mitte) und das durchwachsene Substrat (rechts).

Eine Herausforderung in Nepal ist der Zugang zu Pilzbrut. Händler dafür gibt es bislang vor allem in Kathmandu. Um die Pilzkultivierung einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen, sind einfache Methoden gefragt, damit die Pilze sich selbst, kontaminationsfrei vermehren. Bisher haben wir versucht, gekaufte Pilzbrut in einer Handschuhbox mit pasteurisiertem Reis zu vermehren, jedoch kam es dabei immer wieder zu Kontaminationen. In den kommenden Monaten werden wir neue Varianten zur Herstellung von Pilzbrut testen. Dies ist der grundlegende nächste Schritt, um den lukrativen Anbau von Speisepilzen in der Region ausbreiten zu können.

Eine Variante ist die sogenannte Flüssigkultur. Diese hat den Vorteil, dass die Pilzbrut nach der ersten Ernte, aus einem Pilz, selbst hergestellt werden kann. Ein verschließbares Glas wird mit einem flüssigen Nährsubstrat, beispielsweise mit Honig angereichertes Wasser, befüllt und sterilisiert. Mit einer Spritze wird dann ein Stück vom lebendigen Pilzfruchtkörper ins Glas gegeben. Dies geschieht über einen Eingang, welcher mit Silikon verschlossen ist, so dass das Innere des Glases steril bleibt. Im Glas kann sich daraufhin ein Myzelium entwickeln. Mit der Spritze kann dieses entnommen werden, um neue Brut zu inokulieren. Diese Methode verzichtet auf teures Material und scheint von der Komplexität der Handhabung her machbar. Es braucht allerdings eine kontinuierliche Produktion und eine spezifisch dafür zuständige Person, so dass sich eine gewisse Routine in der Qualitätssicherung entwickeln kann.

Neben den kommerziell verbreiteten, saprophytischen Austernseitlingen und Shiitake Pilzen, wollen wir essbare, mykorrhizierende Pilze in den Waldgärten fördern und Bäume gezielt inokulieren. Diese mykorrhiziernden Pilze gehen Symbiosen mit Bäumen und anderen Pflanzen ein und könnten daher förderlich für den Waldgarten sein. Falls es sich zeigt, dass diese Pilze unter den herrschenden Bedingungen konsumierbare Fruchtkörper ausbilden, könnte ein weiteres Produkt aus dem Waldgarten gewonnen werden, welches nach der Inokulation ohne weiteres Zutun gedeiht.

Für das neue Jahr, 2024, planen wir nun, unsere Erfahrungen aus der Pilzzucht mittels Kursen in den umliegenden Dörfern weiterzugeben. Dank Spendengeldern von den Freunden Ithakas können wir einem jungen Paar für die nächsten 6 Monate jeweils eine Halbzeitstelle einrichten. Sie werden ab Februar in den Nachbardörfern Lehrgänge durchführen, jeweils ein Pilzhaus errichten und den Anbau der Austern-, Rosen -und Limonenseitlinge anleiten und bis zur erfolgreichen Ernte begleiten. Zudem werden nach der Ernte wieder Kochkurse gegeben. Die nötige Pilzbrut werden die beiden jungen Angestellten zunächst in Ratanpur herstellen und kostengünstig den Familien in den anderen Dörfern zur Verfügung stellen. Wenn alles klappt, könnte die Region bald zum Zentrum für die Herstellung von kulinarisch hochwertigen Speisepilzen sowohl für den Verkauf in ganz Nepal als auch zum Eigenverzehr und zur Aufbesserung der eigenen Nahrungsgrundlage werden.

(siehe auch unseren einführenden Artikel zur Pilzzucht in den Waldgärten von Nepal)

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