Klimaschutz: Was ist von Kopenhagen zu erwarten?
von Darius Weissmüller
und die ungelöste Frage zur Finanzierung der Schadensbehebung drohen den Klimagipfel ein weiteres Mal zur Farce zu machen.
Vom 7. Dezember an blickt die Welt nach Kopenhagen. In der dänischen Hauptstadt treffen sich Umweltminister und Delegierte aus der ganzen Welt zur UNO-Weltklimakonferenz. Ihre Aufgabe ist, die globale Klimapolitik von 2013 bis 2020 zu definieren – also die Periode nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls. Sie tun dies mit dem Ziel, dass sich alle Länder zu neuen, verbindlichen CO2-Reduktionszielen verpflichten und die Massnahmen festlegen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Da der Klimawandel bereits in vollem Gange ist, muss die Weltgemeinschaft auch eine Antwort auf die Frage finden, wie die Behebung der Schäden und die notwendigen Anpassungsmassnahmen finanziert werden können. Dies ist umso dringender, als die finanzschwachen Länder viel stärker unter den Folgen der globalen Erwärmung leiden als die reichen Industriestaaten, welche diese verursacht haben. Ein Bürger der USA „produziert“ pro Jahr 19 Tonnen CO2, ein Schweizer 6 Tonnen, ein Einwohner von Ghana 0,4 Tonnen. Die Klimasünder haben also eine Verantwortung wahr zu nehmen.
Keine Umkehr, sondern Schadensbegrenzung
Die Ausgangslage ist klar: Alle ernst zu nehmenden Klimaforscher gehen davon aus, dass die globale Erwärmung nicht mehr zu stoppen ist. Es kann in Kopenhagen nur noch darum gehen, den Schaden in Grenzen zu halten und die Erwärmung auf zwei Grad gegenüber dem Jahr 1990 zu limitieren. Um dies zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen weltweit bis 2050 um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Für die grossen CO2-Emittenten – die Industriestaaten und die Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien mit ihrem explodierenden Wirtschaftswachstum - bedeutet dies, dass sie bis 2050 ihren CO2-Ausstoss um 85 bis 90 Prozent reduzieren müssen. Damit dieses langfristige Ziel erreichbar bleibt, müssen die CO2-Emissionen schon bis 2020 um mindestens 30 Prozent, besser 40 Prozent, reduziert werden. Was die Finanzierung der Schäden und der Präventionsmassnahmen betrifft, ist man sich inzwischen auch einigermassen einig: Es braucht mindestens 100 Milliarden Dollars pro Jahr. So weit, so gut. Doch was ist von Kopenhagen zu erwarten?
Konkrete Ziele für die Schweiz
Der Bundesrat hat vorige Woche das Schweizer Verhandlungsmandat festgelegt. Die Schweiz wird sich auf jeden Fall verpflichten, ihren CO2-Ausstoss bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren – unabhängig vom Ausgang der Konferenz in Kopenhagen. Sollte dort kein verbindliches Abkommen resultieren, so wird dieses Ziel dennoch ins neue CO2-Gesetz geschrieben. Falls sich die EU-Länder zu einem Reduktionsziel von 30 oder gar 40 Prozent verpflichten, so wird die Schweiz mitziehen. Dabei ist klar, dass ein wesentlicher Teil der Emissionen im eigenen Land reduziert werden muss und nicht einfach über den Kauf von Klimazertifikaten im Ausland erfolgen darf. Umweltminister Leuenberger betont immer wieder, dass dies ein grosser Schritt sei für unser Land, wenn man bedenke, wie gross der Widerstand aus Teilen der Wirtschaft noch immer ist. Tatsächlich hat Wirtschaftsministerin Leuthard noch vor einem Jahr, unter massivem Druck des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse, den Auslandzertifikaten das Wort geredet. Inzwischen hat aber auch sie gemerkt, dass Investitionen in den Klimaschutz die einheimische Volkswirtschaft ankurbeln.
Das Problem der Unverbindlichkeit
Für die Klimaforscher geht das Mandat des Bundesrates viel zu wenig weit, Greenpeace mobilisiert schon seit Monaten auf allen Ebenen dagegen. Beide, Leuenberger wie Greenpeace, haben Recht. Es ist zu wenig, aber es ist das, was angesichts der politischen Stärkeverhältnisse in der Schweiz realistisch ist. Entscheidend sind ohnehin nicht die Ziele, sondern die Massnahmen. Ein brasilianischer Regierungsvertreter hat zum Beispiel an einer Vorbereitungskonferenz eine Stunde unter lautem internationalem Applaus darüber referiert, welch fortschrittliche Klimapolitik sein Land verfolge, welch ambitionierte Reduktionsziele es sich setze. Auf die Frage eines Journalisten, was denn passiere, falls diese Ziele verfehlt würden, konnte der Referent nur ein Wort sagen: „nichts“. Im Entwurf zum neuen Schweizer CO2-Gesetz ist der Weg dagegen genau vorgegeben: über CO2-Abgaben auf Brenn- und Treibstoffen, über Vorschriften zur Verbesserung der Energieeffizienz, usw. Ein hochtrabendes Ziel ist schnell formuliert – was wirklich weh tut, ist die Unterschrift unter den Massnahmen- und Sanktionenkatalog.
Zu viele Vorbehalte
Die Vorbereitung auf Kopenhagen läuft schon seit Monaten. Die Experten versuchen an unzähligen Vorbereitungskonferenzen, den Boden für mögliche Lösungen zu legen. Die Positionen liegen noch weit auseinander. Es gibt Länder wie die Schweiz, die sich bereits zu Reduktionszielen verpflichtet haben. Es gibt die boomenden Schwellenländer wie China und Indien, die von den Industriestaaten zuerst einen Tatbeweis verlangen, bevor sie sich bewegen, und es gibt das Fragezeichen USA. Barack Obama würde sich gerne als aktiver Klimaschützer bestätigen, doch sein Klimagesetz ist im Parlament blockiert und wird es noch eine Weile sein. Und es gibt die Erdöl-Länder, die nur mitmachen wollen, wenn ihnen ihre Einnahmenausfälle wegen zurückgehendem Ölverbrauch vom Rest der Welt kompensiert werden. Alle diese Indizien deuten stark darauf hin, dass in Kopenhagen kein verbindliches Protokoll unterzeichnet werden wird. Alle Unterhändler sind sich einig, dass es Nachfolgekonferenzen brauchen wird und werten es schon als Erfolg, wenn man Kopenhagen einem solchen Abkommen etwas näher kommt. Auch die NGO’s tendieren in diese Richtung, wenn auch aus einer anderen Motivation: ihnen ist es lieber, es wird (noch) kein Abkommen unterzeichnet als ein schlechtes, auf das sich die Länder dann jahrelang berufen können. Konkret: lieber Mitte 2010 ein ehrgeiziges globales CO2-Reduktionsziel unterzeichnen als Ende 2009 ein schwaches.
Globale CO2-Abgabe faire Lösung?
Was zu regeln bleibt, ist die Frage nach der Finanzierung der Schadensbehebung und der Präventionsmassnahmen als Folge des Klimawandels. Umweltminister Leuenberger wird in Kopenhagen einmal mehr Verbündete für seine Idee der globalen CO2-Abgabe suchen. Sie funktioniert so: jedes Land bezahlt pro ausgestossene Tonne CO2 zwei Dollar, wobei die ersten 1,5 Tonnen pro Kopf ausgenommen sind – was viele Entwicklungsländer de facto von der CO2-Abgabe befreien würde. So stünden jedes Jahr rund 100 Milliarden Dollar zur Verfügung, die mehrheitlich in die finanzschwachen Länder fliessen würden. Auf die Schweiz kämen jährliche Kosten von 60 Millionen Franken zu, was nicht einmal ein Promille dessen ist, was unser Land in die heruntergewirtschaftete UBS gepumpt hat. Oder anders gesagt: es ist etwa doppelt so viel wie der Jahreslohn von Novartis-CEO Vasella. Ähnliche Vorschläge kommen auch aus anderen Ländern, etwa aus Mexiko und Norwegen. Sie gehen bei der Berechnung der CO2-Abgabe allerdings vom Bruttoinlandprodukt und von den gesamten CO2-Emissionen des jeweiligen Landes aus. Am Ende könnte es durchaus auf eine Kombination dieser Ideen hinauslaufen. Dass dies schon in Kopenhagen passieren wird, ist aber auch unwahrscheinlich, die Positionen liegen auch hier noch zu weit auseinander. Die USA und Japan schlagen zum Beispiel vor, dass jedes Land selber und freiwillig festlegen kann, wie viel es in diesen Adaptions- und Präventionstopf bezahlen will.
Eines scheint also klar: die von den Medien zur „Schicksalskonferenz“ erhobene Veranstaltung in Kopenhagen wird keinen Durchbruch in der globalen Klimapolitik bringen. Die entscheidende Frage ist, ob die Weltgemeinschaft diesem einen Schritt näher kommt oder ob das Pendel eher Richtung Katastrophe ausschlägt. Viele Menschen in unserem Land hoffen auf ersteres. Aber auch bei einem Scheitern der Verhandlungen würden nicht wenige applaudieren. Es soll noch immer Leute geben, die den Klimawandel bestreiten. Es gab ja auch lange Menschen, die daran festhielten, dass die Erde eine Scheibe sei…
Markus Stellmacher
20.12.2009 11:31
Ich finde wir sollten uns nicht auf Kopenhagen und auch die anderen Klimaschutzmaßnahmen verlassen.
Wenn diese Maßnahmen nicht fruchten oder nicht ausreichend sind dann kommt der Klimawandel. Deswegen sollten wir auch versuchen uns neben dem Umweltschutz auf eben so einen Klimawandel einzustellen.
Es gab auch in der Erdgeschichte bereits Klimawandel und wenn es diesmal wieder die Natur ist können wir CO2 sparen wie wir wollen, der Klimawandel würde dann so oder so kommen.
Also bevor wir uns auf Maßnahmen von anderen (oft korrupten) Leuten verlassen um eine Katastrophe abzuwenden sollten wir selbst versuchen sie abzuwenden und uns nebenbei auf das Eintreten einer solchen Katastrophe vorbereiten.