Pflanzenkohle in den Zeiten der Cholera

von Kathleen Draper

Mit dem Beginn der Regenzeit wächst im zerstörten Nepal nun die Gefahr von Cholera. Der Einsatz von Pflanzenkohle und die Verwendung der Kon-Tiki Meiler könnten auf vielfältige Weise helfen, die Verbreitung der Krankheit einzudämmen.

Oft schon haben wir darüber nachgedacht, wie wertvoll Pflanzenkohle in der Katastrophenhilfe sein könnte. Dabei dachten wir zunächst vor allem an Flüchtlingslager, in denen zehntausende Menschen hilflos auf engstem Raum und unter prekären hygienischen Verhältnissen hausen oft über Monate und Jahre. Mit Hilfe von Pflanzenkohle könnte erst das Trinkwasser gefiltert werden, wonach diese Filterkohle als Einstreu für Trockentoiletten verwendet und dann gemischt mit organischen Abfällen zu fruchtbarer Terra Preta kompostiert werden könnte. Anstatt nur im Staub zu leben und auf Hilfslieferungen angewiesen zu sein, könnten die Menschen selbst Lebensmittel herstellen. Aber wie so oft scheitert das, was aus der Ferne so klar und einleuchtend scheint, an ungeahnten Hindernissen der wirklichen Welt. So liegen die Flüchtlingslager meist in Nachbarländern, wo niemand will, dass die Flüchtlinge lange bleiben. Um zu verhindern, dass sie sich dauerhaft ansiedeln, wird sabotiert und verhindert, was die Lage der Flüchtlinge erleichtern könnte.

Kein Baum, keine Pflanze: Seit zwei Jahren leben hunderttausende Syrier auf der Flucht. Hier das Flüchtlingslager Al Zaatari in Jordanien. | © REUTERS/Mandel Ngan

Auch nach Naturkatastrophen könnte Pflanzenkohle hilfreich sein und Leben retten. Aber in der Not ist die Not meist so groß, dass man sich nur auf bekannte Lösungen besinnt. Daher setzt man auch bei Hilfsorganisationen lieber auf stringente Planungsabläufe, die sich von oben nach unten durchdelegieren lassen, anstatt sich auf neue Konzepte einzulassen, die erst mühsam erklärt werden müssen. Trotzdem haben wir nach Möglichkeiten gesucht, wie nach dem Erdbeben die in Nepal gebauten Kon-Tiki-Meiler zusätzlich genutzt werden könnten. Die derzeit größte Gefahr besteht darin, dass sich die hygienisch kritische Lage mit dem Beginn der Regenzeit weiter zuspitzt und zum Ausbruch der Cholera führt. Auch in normalen Jahren kommt es während der Regenzeit immer wieder zu Cholerainfektionen, doch in der jetzigen Lage würde es sehr schwer, eine massive Verbreitung zu unterbinden.

Ursache für die Ansteckung sind meist kontaminierte Lebensmittel und Wasser. Wer sich angesteckt, leidet an heftigem Durchfall, beginnt innerlich auszutrocknen und wenn kein sauberes Wasser für die Zufuhr von Flüssigkeit verfügbar ist, droht im schlimmsten Fall der Tod.

Obwohl die Cholera-Prävention auf einer Handvoll einfacher Prinzipien beruht, kann das Einhalten dieser Grundregeln nach einem Erdbeben, einem Hurrikan oder jeder anderen Katastrophe zur Herausforderung werden.

In den letzten Wochen wurden in Nepal dank der Hilfe des Nepali Climate Farming Fund hunderte solcher Erd Kon-Tiki zur Herstellung von Pflanzenkohle gebaut. Hier in Ratanpur, 20 km nördlich der Verbindungsstrasse von Kathmandu nach Pokhara, nur 50 km vom Epizentrum des ersten Bebens entfernt.

Nahrung und Wasser abzukochen, ist das wichtigste Mittel im Kampf gegen Cholera. Die Möglichkeit, Pflanzenkohle herzustellen, steuert ein weiteres Instrument zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei. Mit der Kon-Tiki Technik, egal ob im Erd- oder im Metallmeiler, ist es leicht geworden, genügend Pflanzenkohle für ein Dorf selbst herzustellen und die Hitze des Pyrolysefeuers zum Sterilisieren von Wasser zu nutzen. Im Folgenden versuchen wir eine erste Liste mit Empfehlungen zur Verwendung von Pflanzenkohle und Kon-Tiki Technik zu erstellen:

1. Das Abkochen von Wasser für mindestens eine Minute lang tötet Bakterien und ergibt steriles Wasser. Über dem Kon-Tiki-Meiler lassen sich leicht große Mengen Wasser abkochen. Das Hauptproblem in vielen Dörfern Asiens besteht darin, dass man glaubt, dass allein „heiß“ schon genügen würde. Es besteht auch im 21sten Jahrhundert vielerorts noch nicht das Verständnis dafür, dass kochendes Wasser heißer als heißes Wasser ist und nur kochendes Wasser sterilisiert.

2. Sauberkeit ist zur Verringerung der Infektionsgefahr äußerst wichtig, kann aber zur Herausforderung werden, wenn Reinigungsmittel nur begrenzt verfügbar sind. Das Wasser, das im Kon-Tiki zum Löschen der glühenden Kohle verwendet wird, besitzt durch die Auswaschung von Aschepartikeln einen sehr hohen pH-Wert von über 11, was keimtötend wirkt. Beim Ablöschen der Kohle reagiert die heiß gelöste Asche zudem mit Pyrolyseölen, wodurch Seife entsteht. Das Löschwasser ist also eine stark alkalische Flüssigseife und kann als Reinigungsmittel eingesetzt werden.

3. Der größte Problembereich ergibt sich bei der Entsorgung von menschlichen Exkrementen, die Träger vieler Krankheitskeime und insbesondere Cholera sein können. Gerade nach schweren Naturkatastrophen, wo die wenigen noch intakten Sanitäranlagen rasch überlastet und zu Problemzonen werden, muss für rasche Lösungen gesorgt werden. Die dann einfachste Entsorgungs-Technik besteht darin, Gräben für Latrinen zu graben und nach jeder Befüllung mit frischen Blättern und etwas Erde zu überdecken. Besser und sicherer allerdings wäre die Einstreu von Pflanzenkohle als unterste Schicht der Fäkalgrube und danach in regelmäßigen Abständen zu den sich aufbauenden Schichten. Dies hält nicht nur die Gerüche unter Kontrolle, sondern kann vor allem verhindern, dass Krankheitserreger das Grundwasser kontaminieren.

4. Das Risiko einer Cholerainfektion lässt sich stark minimieren, wenn man Lebensmittel lang genug kocht (nicht nur aufwärmt) und kühl in abgedeckten Behältern lagert. Kon-Tikis lassen sich hervorragend zum Kochen verwenden. Töpfe lassen sich auf Stahlroste stellen oder an Metalldrähten über das Feuer hängen. Von Spießen bis hin zu Grillrosten können die unterschiedlichsten Küchengeräte mit dem Meiler verwendet werden.

In Nepal haben wir mit "charamics" experimentiert, das ist eine Kombination von Pflanzenkohle und Ton, um irdene Töpfe herzustellen. Wir nutzen diese Töpfe für die Tontopfbewässerung (siehe Bild), aber man könnte sie auch als Topf-in-Topf-Kühler (Zeer Topf) nutzen, um Gemüse und Fleisch zu kühlen und deren Haltbarkeit zu verlängern.

Chandra Bahadur Prajapati stellt in Nepal Biochar-Lehm Töpfe her (beachten Sie das selbst erfundene Töpferrad auf einem alten Autoreifen). Das Mischungsverhältnis von Lehm zu fein gemahlener Pflanzenkohle ist 4:1 (vol)..

Die sogenannten Zeer Töpfe ermöglichen eine simple Kühlmöglichkeit, bei der ein kleinerer Topf so in einen größeren Tontopf gestellt wird, dass der Zwischenraum mit einer zentimeterdicken Sandschicht ausgefüllt werden kann. Der Sand muss nass gehalten werden, so dass Wasser zwischen den beiden Töpfen verdunstet und so die Lebensmittel im Innentopf abkühlt (für eine genauere Beschreibung, siehe hier). Würde man anstatt von Sand den Zwischenraum mit feiner Pflanzenkohle ausfüllen, wären diese Töpfe sehr einfach und lokal herzustellen, auch wenn kein Flusssand in der Nähe ist. Zudem wäre Pflanzenkohle effizienter als Sand, da sie mehr Wasser aufnehmen kann.

Sicherlich gibt es noch zahlreiche andere Wege, um mit Pflanzenkohle und Kon-Tiki Meilern nach Naturkatastrophen den leidenden Menschen zu helfen. Wir sind sehr an Ihren Ideen und Erfahrungen interessiert, um hoffentlich bald eine detaillierte Dokumentation zum Einsatz von Pflanzenkohle in der Katastrophenhilfe zu erarbeiten.

Übersetzung: Thomas Schäffer

Helfen Sie den Bauern in Nepal, indem Sie Ihren CO2 Fussabdruck mit dem Einsatz von Pflanzenkohle in Nepal kompensieren. Der Nepali Climate Farming Fund sorgt dafür, dass der von Ihnen verbrauchte Kohlenstoff wieder in die Böden gelangt.

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