Von den größten Kartoffeln

Seit 20 Jahren wird Biochar in landwirtschaftliche Böden gemischt und damit geworben, dass sie das Klima schützt und Pflanzen besser wachsen. Die Story, warum dies so ist, ist noch immer die gleiche: Nährstoffspeicherung, Stimulation der Bodenbiologie, Wasserretention und drei dutzend weitere agronomische Parameter sollen verbessert werden können.

Trotzdem wurden in Europa 2023 nur rund 80’000 Tonnen Pflanzenkohle produziert. Selbst wenn die gesamte Menge landwirtschaftlich genutzt worden wäre und im Schnitt 2 Tonnen pro Hektar ausgebracht werden, würde das lediglich für 40’000 Hektar Agrarfläche ausgereicht haben. Das sind 0.04% der 179 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Europa.

Sind die Bauern so dumm, dass sie auch ohne Biochar die größten Kartoffeln produzieren? Oder ist die Biochar zu teuer, um den agronomischen Nutzen wirtschaftlich zu rechtfertigen?

In den letzten Jahren haben sich die Preise um 1000 € pro Tonne Biochar eingepegelt. Rechnet man die Transport und Einbringungskosten hinzu, ergibt sich bei Applikationsmengen von 2 Tonnen pro Hektar ein Hektarbetrag von 3000 € pro Jahr. Selbst wenn sich dies noch mit 500 € für C-Senken Zertifikate querfinanzieren lässt, stehen diese im Vergleich zu durchschnittlichen Düngemittelkosten von 350 bis 500 €. Pro Hektar Winterweizen lässt sich zwischen 800 und 1000 € pro Hektar an Gewinn erwirtschaften. Man müsste also den Ertrag mehr als verdoppeln, um die Kosten für die Pflanzenkohle zu erwirtschaften. Mit Weißkohl lassen sich pro Hektar 5000 € erwirtschaften, so dass der Ertrag durch Pflanzenkohle “nur” um 50% gesteigert werden müsste, um die Zusatzkosten zu decken.

Niemand, in keiner wissenschaftlichen Studie, hat den Ertrag um auch nur annähernd so hohe Werte steigern können. Selbst wenn der Preis der Biochar halbiert werden könnte, was nur erreicht wird, wenn die zu verarbeitende Biomasse kostenlos zu erhalten wäre, würde sich die Biochar für keinen Landwirt wirtschaftlich rechnen. Bei einigen wenigen Sonderkulturen wie Heidelbeeren, Gurken oder Tomaten, könnte es sich möglicherweise gerade so lohnen, aber mit den wenigen Hektar europäischer Sonderkulturen lässt sich kein signifikanter Klimaeffekt erzielen.

Bedeutet dies, dass die Biochar-Hoffnung gestorben ist? Sicher nicht! Biochar wird ein wesentliches Produkt der Landwirtschaft werden, aber sie wird kaum wieder in der Landwirtschaft, sondern in Industriematerialien Anwendung finden.