Mischkulturen – ein weltweites Erfolgsrezept
von Daniel Hillel & Cynthia Rosenzweig
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Auch vor hundert Jahren wurden bestimmte Getreide bereits monokulturell angebaut, doch waren die dafür angelegten Felder nie allzu groß und die Distanzen von einer Kultur zur nächsten stets relativ klein. Vor allem aber war damals die genetische Vielfalt innerhalb eines monokulturell bestellten Feldes noch sehr hoch. So wuchsen auf einem Mais- oder Reisfeld zahlreich genetisch verschiedene Mais- bzw. Reissorten nebeneinander. Mit zunehmender Industrialisierung der Landwirtschaft wurden die monokulturell bestellten Flächen jedoch immer größer. In vielen Landwirtschaftsgebieten begannen sich Bauern auf nur noch eine einzige Pflanzensorte zu spezialisieren, wie zum Beispiel in den riesigen Gebieten des US-Landwirtschaftsgürtels, wo nur Mais oder nur Sojabohnen angebaut werden. Seit einigen Jahrzehnten setzen sich Monokulturen zudem nur noch aus einer Selektion bestimmter Varietäten innerhalb einzelner Gattungen oder gar aus bestimmten genetischen Varietäten innerhalb einer Gattung zusammen. Diese fortschreitende Reduzierung der Diversität innerhalb einer Pflanzenart führt zu erheblich höheren Risiken der Verbreitung von Infektionskrankheiten. Die Mehrheit der Bauern, die infektionsanfällige Monokulturen anbauen, reagieren auf den Pilzbefall ihrer Kulturen entweder mit neuen Fungiziden oder mit dem Anbau neuer resistenterer Varietäten, die durch Hybridisierung oder mittels Gentechnik gezüchtet wurden.
Pflanzschutz durch Mischkulturen
Auch und gerade im Weinbau verspricht der konsequente Einsatz sowohl von Mischkulturen als auch von Mischsorten vielversprechende Lösungsansätze. Wie einige erste vielversprechende Versuche am Delinat-Institut gezeigt haben, wird die Ausbreitung des Mehltaupilzes dadurch deutlich verlangsamt. Zudem lassen sich die Gesamterträge der Flächen erhöhen und ein wertvoller Beitrag für die Biodiversität leisten. In Ithaka werden wir in nächster Zeit öfters und detaillierter auf Mischkulturen eingehen. Die Projektbeschreibung der Versuche am Delinat-Insitut finden Sie hier. (hps)
Allmählich kommen aber auch andere, möglicherweise weniger umweltschädliche Strategien zur Anwendung. Subsistenzbauern in Asien und anderen Teilen der Welt wissen seit Jahrhunderten, vielleicht schon Jahrtausenden, dass der Anbau von Mischpflanzen ertragreicher ist als der Anbau einzelner Varietäten (Darwin beschreibt dies in Die Entstehung der Arten für den Weizenanbau). Bis vor kurzem waren die Ursachen dieser verbesserten Ertragsfähigkeit jedoch noch nicht bekannt. In einem bahnbrechenden Großversuch mit tausenden von Bauern und auf über 3300 Hektar Land in der chinesischen Provinz Yunnan untersuchten Youyoung Zhu und seine Mitarbeiter in der Zeit von 1998 bis 1999 genetisch diversifizierte Reispflanzen (Oryza sativa) auf ihre Wirkung gegen Reisbrand, eine durch den Pilz Magnaphorte Grisea ausgelöste Krankheit. Die Provinz Yunnan hat ein kühles, feuchtes Klima, das die Entstehung von Reisbrand begünstigt. Um die Krankheit zu kontrollieren, haben Bauern die Blätter der Reispflanzen traditionsgemäß mit mehreren Fungiziden behandelt. Pflanzte man krankheitsresistente Varietäten von hybridem Reis neben krankheitsanfälligen Varietäten von klebrigem Reis (eine Reissorte, die in der chinesischen Küche hauptsächlich für Desserts verwendet wird), erhöhten sich die Erträge beim klebrigen Reis um 89 Prozent, und Reisbrandinfektionen gingen im Vergleich zu klebrigem Reis aus Monokulturen um 94 Prozent zurück. Die Reisbrandinfektionen verringerten sich bei den hybriden Varietäten ebenfalls, wenn auch in geringerem Ausmaß. Der Reisbrand ließ sich so gut kontrollieren, dass die Bauern nach dem zweijährigen Experiment vollständig auf die Verwendung von Fungiziden verzichteten. Die Praxis der Mischkultur mit verschiedenen Reisvarietäten wurden in den folgenden Jahren auf eine Fläche von über 40000 Hektar ausgeweitet.
Messdaten über die mikroklimatische Situation innerhalb der Bodenbedeckungen der Reispflanzen, die auf einem Untersuchungsgelände im Jahr 1999 zusammengetragen wurden, liefern eine Erklärung für die herausragenden Ergebnisse der Mischkultur. Aus den Daten ging hervor, dass die Höhenunterschiede zwischen dem größeren klebrigen Reis und den kürzeren hybriden Reisvarietäten eine physische Grenze bilden, so dass Temperatur, Feuchtigkeit und Lichtverhältnisse weniger günstig für die Entwicklung von Reisbrand waren als in Monokulturen, bei denen die Pflanzenhöhe einheitlich ist. Auch die Ausdünnung des Reisbranderregers wurde als ein bestimmender Faktor bei der Reduzierung des Pilzbefalls angesehen, da sich der Abstand zwischen anfälligen Pflanzen in gemischten Feldern im Unterschied zu Monokulturen erhöht. Ein weiterer Grund für den Erfolg der Mischkulturen könnte darin bestehen, dass bei gemischten Varietäten ein Immunisierungsprozess stattfindet. Wenn eine bestimmte Reisvarietät wie der hybride Reis im beschriebenen Experiment einem bestimmten Erregerstamm ausgesetzt wird, gegen den sie resistent ist, kann dies bei ihr eine generalisierte Immunreaktion auslösen, die sie eventuell vor anderen, genetisch verschiedenen Erregern schützt. Dadurch kann die Verbreitung des Erregers im Feld verhindert werden. In Mischpflanzungen entsteht zudem ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Erregern, die besser an bestimmte Pflanzenvarietäten angepasst sind, und solchen, die stärker an die Kombinationen verschiedener Pflanzen angepasst sind. Durch die Veränderung der gepflanzten Mischung im Verlauf der Jahre kann der Bauer diesen Anpassungen zuvorzukommen und das Auftreten von Krankheiten zusätzlich verringern.
Maisanbau mit Leguminosestreifen in Kenia
Andere Feldstudien stützen die Hypothese, dass zunehmende Pflanzendiversität die Fülle an Schädlingen reduziert. Die Larven von Lepidoptera (Schmetterlinge und Motten) zum Beispiel, die sich in Mais- und Hirsepflanzen bohren, stellen eines der größten Hindernisse für eine effiziente Mais- und Hirseproduktion in den Entwicklungsländern dar. In Kenia wurde die Wirkung der Anwendung eines agroforstwirtschaftlichen Systems wie der „Alleepflanzung" untersucht, bei der man Mais mit Streifen hochwachsender Leguminosen in 3-Meter-Intervallen durchsetzt. Die Mischkultur aus Mais und Leucaena gewährten einen beträchtlichen Schutz gegen Maisbohrer im Vergleich zu Flächen, auf denen nur Mais angebaut wurde. So ließ sich die Menge an Maisbohrern (Busseola fusca) sowohl im Erwachsenen- als auch im Larven- und Puppenstadium verringern. Die Schäden an Blättern sowie Stängeln waren reduziert und die abgestorbenen Maispflanzen waren deutlich weniger. Obwohl die Anpflanzung von Leguminosen in den Zwischenstreifen die Anbaufläche um 25% reduzierte, konnte der Gesamtertrag an Mais erhöht werden. Nähere Informationen zu den Versuchen mit Mischkulturen in Kenia und Nigeria: www.iita.org
Klaus Schmidt
12.08.2009 15:43
Als sich die Kartoffel auf Befehl u.a. vom Alten Fritz endlich in Europa durchgesetzt hatte, wurde sie, insbesondere in Irland, in Monokultur angebaut, was es dem eingeschleppten Kartoffelbrand leicht machte, alle Kartoffelpflanzen total zu vernichten, was zur berüchtigten Hungersnot zwischen 1845 und 1851 in Irland führte, in deren Ergebnis ein Million Menschen verhungerten und 1,2 Mio auswanderten!