Schonendes Pflanzen von Jungreben

von Claudio Niggli

Ein unachtsamer Umgang mit Jungreben hat Wachstumsverzögerungen zur Folge. Mit der richtigen Pflanztechnik können Jungreben rasch Fuß fassen und ein gesundes Wurzelsystem ausbilden. So kann in der Jugendentwicklung ein deutlicher Vorsprung auf konventionell gepflanzte Reben erreicht werden. Mit der Beimpfung der Wurzeln durch Mykorrhiza-Pilze lässt sich die Nährstoffversorgung und pflanzeneigene Abwehr zusätzlich fördern. 

Kein Beschneiden der Wurzeln

jungrebeBeim Pflanzen von Jungreben werden traditionellerweise die Wurzeln stark zurück geschnitten, wodurch sie beim Einführen in das Pflanzloch nicht nach oben abgebogen werden können. Es handelt sich hierbei um eine jener hartnäckig verteidigten, aber kaum hinterfragten Winzer- und Schulweisheiten, aufgrund derer ganze Winzergenerationen einem verhängnisvollen Fehler aufsaßen. Denn Wurzeln sind nicht nur Aufnahme- sondern auch Speicherorgane. Ein starker Rückschnitt bedeutet einen massiven Verlust von Nährstoffen und damit auch eine Verringerung der in diesem Stadium besonders wichtigen Wuchskraft. Zudem entstehen an den Schnittflächen Eintrittspforten für Schadorganismen, welche bei noch wenig resistenten Jungpflanzen leichtes Spiel haben. Da auch die Trockenheitsresistenz der Jungreben durch die Wurzelbeschneidung sinkt, müssen die Jungpflanzen dann im Allgemeinen nicht nur gedüngt, sondern auch bewässert werden, was beides negative Folgen auf die gesamte Rebentwicklung, Traubenqualität und Lebensdauer hat.

Bei der im Folgenden vorgestellten Technik erübrigt sich der Wurzelrückschnitt, da die Wurzeln bereits von Anfang an optimal ausgerichtet werden können.

Die Ausrichtung der Wurzeln

Der Grund für den traditionellen Wurzelrückschnitt liegt in der Gefahr, dass die Wurzelfäden an den Wänden des Pflanzloches hängen bleiben und somit nach oben ausgerichtet zu liegen kommen. Diese ungünstige Ausgangslage für die Erschließung von tieferen Bodenschichten, in denen sich die Rebe mit Wasser und Nährstoffe versorgt, kann zu jahrelangem Entwicklungsrückstand führen.

Für dieses Problem gibt es eine einfache, aber elegante Lösung: die Jungpflanzen werden mit dem wachsversiegelten Triebende voran in ein Plastikrohr eingeführt, so dass die Wurzeln ganz darin verschwinden. Dieses Rohr wird dann wurzelseitig nach unten im Pflanzloch versenkt. Mit einem zweiten Hilfsrohr oder -stab von geringerem Durchmesser wird die Jungpflanze im Pflanzloch nach unten fixiert und das dickere Rohr anschließend über das zweite Hilfsrohr bzw.-stab hinweg aus dem Pflanzloch gezogen. Die Zugabe einer kleinen Menge eines Kompost-Biokohle-Gemisches verbessert die Substratstruktur, führt Bodenleben zu und erhöht die Nährstoffverfügbarkeit. Das Pflanzloch wird dann mit Erde aufgefüllt. Mit Hilfe eines Wässerungsstabes wird die Erde gut angepresst.

Jungreben schonend pflanzen
Die Jungrebe wird in ein Rohr mir Innendurchmesser von ca. 50 mm eingeführt, bis die Wurzeln bündig mit dem unteren Rand des Rohres abschließen und das aufgepfropfte Ende oben herausschaut. Das Rohr wird sodann in das Pflanzloch gesteckt und über den schmaleren Stab, der die Jungrebe leicht nach unten drückt, abgezogen.

Mykorrhizierung von Jungreben

Es existieren verschiedene Pilze, welche in Symbiose mit den Rebpflanzen leben und über das Wurzelsystem in engem Austausch stehen. Sie beziehen von der Pflanze photosynthetisch hergestellten Zucker und liefern im Gegenzug der Pflanze lebenswichtige Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff.  Zudem schützen sie die Wurzeln vor schädlichen Mikroorganismen, was robustere Weinstöcke zur Folge hat. Gerade in humusarmen Böden, die lange konventionell bewirtschaftet wurden, kann die Beimpfung von Jungreben einen wichtigen Entwicklungsvorteil bringen (siehe auch: Mykorrhiza – Pilze als Partner).

Für Reben sind zwei Mykorrhiza-Gruppen von Bedeutung: Die meisten Endomykorrhiza-Pilze können fast wahllos die Wurzeln von verschiedensten Pflanzenarten besiedeln, so auch die von Reben. Ektomykorrhiza-Pilze wachsen mehr oder weniger spezifisch in die Wurzeln verholzender Pflanzen, sind also Partner von Bäumen und Sträuchern. Bei der Rebe scheinen sie nach bisherigen Erkenntnissen vor allem in den Jungstadien eine wichtige Rolle zu spielen.

In einem Versuch am Delinat-Institut wurden sowohl Ektomykorrhiza-Präparate (Mykoflor) auf der Basis von lebendem Pilzgewebe als auch Endomykorrhiza-Präparate (Terrabioscience) mit Sporen getestet. Beide Varianten lassen sich sehr einfach realisieren: die Ektomykorrhizen wurden mit einem Hydrogel als Trägermaterial und mit Wasser vermischt und die Wurzeln der Jungreben darin eingetaucht. Das Endomykorrhizaprodukt in Pulverform auf der Basis von Tonerde als Trägermaterial kann an die feuchten Wurzeln angehaftet werden, indem diese im Pulver hin und her geschwenkt werden.

Inokkulation Endomykorrhiza
Inokkulation Endomykorrhiza

Noch im Laufe dieses Jahres wird sich herausstellen, ob und bei welchem Produkt eine erfolgreiche Beimpfung stattfand und ob sich aufgrund der oben dargestellten günstigeren Entwicklungs-Voraussetzungen ein messbar erhöhtes Wachstum bei den Rebpflanzen zeigt.

Begrünung

Bei der Neupflanzung von Reben in begrünten Parzellen kommt es teils zu erheblicher Konkurrenz zwischen Jungpflanze und Begrünung. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den Boden in der Pflanzreihe auf etwa 60 cm Breite offen zu halten bzw. mit Stroh abzudecken. Ansonsten kann es zu Wachstumsverzögerungen von bis zu 2 Jahren kommen.

Im Zeilenzwischenraum empfiehlt sich die Aussaat einer niedrigwüchsigen Unterstockmischung mit Hornklee, Weißklee, Gelbklee und Wundklee (Mythopia-Saatmischungen). Im vierten Jahr kann dann im Unterstockbereich die niedrigwüchsige Begrünung und im Zeilenzwischenraum die hochwüchsige Begrünung eingesät werden, wodurch der Unterboden für das weitere Rebwurzelwachstum gelockert und gelüftet wird.

  • Hubert Pomplun
    12.06.2010 19:11

    Bitte veröffentlichen Sie weiter auch solche Artikel. Auch wenn ich - wie wohl die meisten der Leser - keinen Erwerbsweinbau betreibe, sind die Informationen ja auch für die Arbeit im eigenen (Bio-)Garten von allgemeinem Interesse.
    MfG

  • fredi Strasser
    16.07.2010 15:28

    hallo,
    wir haben noch eine vereinfachung und ergänzung zu melden:
    die wurzeln werden bei uns nur ganz wenig angeschnitten, damit sie saugfähig sind und werden dann mehrere stunden in wasser gestellt, die reben nehmen wir dann im kübel zum pflanzen mit (analogie vom obstbau, die wurzeln saugen sich total mit wasser voll und haben ein paar tage reserve).
    statt löcher zu bohren, lockere ich die reihe vor dem stickeln mit dem wippscharlockerer und der spatenmaschine. nun kann mit dem handspaten ganz einfach eingestochen werden, etwas hin und her gewippt werden, sodass ein schöner spalt entsteht. spaten rausziehen, rebli mit wurzel in den spalt hinunterführen, mit einem holzstab die wurzeln nach unten stossen, dann mit dem holzstab schöne humuserde hinunterdrücken (drauf achten, dass die wurzeln gut angedrückt, also krümelkontakt haben, wegen der bodenfeuchte), dann den spalt schnell mit der hand auffüllen und fertig ist die sache. so pflanzen wir sehr angenehm und sehr schnell. anwuchserfolg praktisch immer sehr gut (bsp diesjahr auf 4000 reben 6 stück nicht recht getrieben). die rebli sind heute 15. juli, 90cm hoch, gepflanzt anfangs mai.
    grüsse
    fredi strasser

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