Methoden zur Bestimmung der Wasserversorgung im Weinberg

von Claudio Niggli

Mit gezielter Wasserversorgung kann im Weinbau für eine optimale Balance zwischen Ertragsmenge und Traubenqualität gesorgt werden. Wann jedoch ganz gezielt bewässert oder durch Begrünung Wasser entzogen werden muss, hängt vom tatsächlichen Wasserstress der Reben ab. Wie aber lässt sich der Wasserstress einer Rebe überhaupt messen? Welche Messmethoden gibt es und was sind deren Vor- und Nachteile?

Wasserstress berechnen

Im ersten Artikel dieser Serie zur Wasserversorgung der Rebe ging es um die unzähligen Faktoren, die den Wasserhaushalt eines Weinbergs beeinflussen. All diese Parameter tatsächlich zu messen, ist in der Praxis kaum möglich. Doch selbst wenn alle diese Werte verfügbar wären, würde es extrem anspruchsvoll sein, diese Daten so zu verarbeiten, dass sich schließlich der exakte Wasserstatus der Rebe ableiten ließe. Noch bleiben der Blick und die Erfahrung des Winzers die wichtigsten Entscheidungsgrundlagen des Wassermanagements im Weinberg. Doch die technische Entwicklung holt auf und hat einige Geräte auf den Markt gebracht, die bald nicht mehr nur für die Weinbauforschung, sondern auch in der Praxis angewendet werden könnten.

Um die Wasserbilanz einer Rebkultur zu bestimmen, müssen zunächst die folgenden wichtigsten Bodenkenndaten bekannt sein: Feldkapazität, Totwasseranteil und Durchwurzelungstiefe. Die Feldkapazität bezeichnet das Wasserrückhaltevermögen eines Bodens, sagt also etwas darüber aus, wie schnell Niederschläge nach unten abfließen. Sandige Böden haben beispielsweise eine niedrigere Feldkapazität als tonreiche Böden. Die Bodenverhältnisse können in Weinbergen und ganz besonders in Steillagen auf kleinem Raum relativ stark schwanken, weshalb eine Berechnung meist weniger verlässlich ist als z.B. in homogenen Ackerflächen. Zu den Bodendaten müssen noch die Niederschläge und die Verdunstungsrate einbezogen werden. Die gesamte Verdunstung aus Reben und Boden, auch Evapotranspiration genannt, kann modelliert werden, wenn eine Wetterstation vorhanden ist, die Wind, Temperatur und Sonneneinstrahlung misst. Manche Wetterdienste, wie zum Beispiel die deutsche Agrowetter, bieten den Landwirten die Werte für die potentielle Evapotranspiration an. Solche Wasserbilanz-Modelle können nur bei durchschnittlichen Rebkulturen sinnvoll als Richtlinie herangezogen werden, da Bestandesdichte, Rebpflege und Bodenpflege (Begrünung, Bodenabdeckung) dabei noch nicht berücksichtigt werden.

Wasserstatus messen

Eine Annäherung an die aktuelle Wasserversorgung der Reben können Messungen der Bodenfeuchtigkeit liefern. Hierbei kommen mehrere verschiedene Systeme zum Einsatz. Das einfachste System besteht aus in den Boden eingelassenen Gipsblöcken (Abb.1), in die zwei Drähte in definierter Entfernung voneinander eingegossen sind. Das Messgerät schickt einen elektrischen Strom durch den einen Draht und errechnet die Bodenfeuchte aufgrund des elektrischen Widerstands, der zwischen den beiden Drähten durch die Gipsmasse verursacht wird. Je feuchter der Boden und damit auch der Gips, umso besser wird der Strom geleitet. Die Gipsblöcke werden in einer bestimmten Bodentiefe eingesetzt und die Hohlräume mit nasser Erde ausgegossen. Nach dem Eingraben braucht es einige Zeit, bis das System verlässliche Daten liefert.

Abb. 1 Gipsblöcke

Einen ähnlichen Ansatz bieten die Watermark-Sensoren (Abb.2), welche eine Weiterentwicklung von einfachen Gipsblock-Sonden darstellen. Sie sind im Inneren mit einer körnigen Matrix versehen und anstelle der Spannung resp. des Druckes wie beim Tensiometer, wird hier der Feuchtigkeitsgehalt anhand der elektrischen Leitfähigkeit der körnigen Matrix bestimmt. Die innere Matrix ist von einem Gipsmantel umgeben und gegen außen mit einem stabilen Metallnetz und einer Gummimanschette abgeschirmt. Beides gewährt einen effizienten Schutz gegen Stöße. Da die Bodenverhältnisse in manchen Weinbergen relativ kleinräumig schwanken, müssen in jeder Parzelle mehrere Messpunkte verteilt angelegt werden. Die Messsonden werden in einer definierten Höhe eingegraben. Die Daten können dann über Kabel zu einem Sender und von dort über Funk zu einer Messstation gesendet werden. Die Messstationen sind über Funk mit dem Internet verbunden und lassen sich kontinuierlich abrufen.

Abb. 2 Watermark-Sensor

Die sogenannten Tensiometer (Abb. 3) wiederum berechnen die Bodenfeuchte über die Messung der Saugspannung. Es handelt sich um eine mit Wasser gefüllte "Kerze" aus Keramik, welche äußerst feine Poren aufweist, aber quasi luftundurchlässig ist. Da im Boden eine relativ niedrigere Feuchtigkeit herrscht, wird das Wasser aus dem Inneren der Sonde durch die Keramik-Hülle nach außen gezogen. Dadurch entsteht eine Saugspannung, welche über einen Drucksensor und entsprechende Elektronik gemessen wird. Für den Weinbau ist dieses System allerdings nicht geeignet, da der Messbereich der Kerzen bereits dort endet, wo die Trockenheit für die Reben noch tragbar ist (85 hPA).

Abb. 3 Tensiometer

Aussagekräftiger als die vorgestellten Bodenssonden sind Messungen direkt an der Rebe, wobei einige technische Schwierigkeiten noch die weite Verbreitung verhindern. Das Wasserpotential der Rebe lässt sich mit einer sogenannten Scholanderkammer (auch Scholanderbombe, Abb. 4) messen. Hierbei wird in einer Druckkammer der Luftdruck auf das Rebblatt genau solange erhöht, bis aus dem Blattstiel ein erster Tropfen austritt. Je weniger Druck benötigt wird, umso besser ist die Wasserversorgung der Rebe. Für die Messungen steht jedoch nur ein Zeitfenster von gerade einer guten Stunde vor Sonnenaufgang zur Verfügung, was die mögliche Anzahl an Messungen pro Gerät stark einschränkt.

Abb. 4 Scholanderbombe

Ein weiteres, neu entwickeltes System besteht aus nicht-invasiven Sonden, die direkt mittels zweier Magnete auf Ober- und Unterseite des Blattes befestigt werden (ZIM-Probe, Abb.5) [Westhoff et al. 2008]. Diese erzeugen durch die magnetische Kraft einen Referenz-Druck auf den eingefassten Blattabschnitt, aufgrund dessen der Wasserdruck im Blatt resp. in der Rebe gemessen wird. Die Daten werden dann via Sender an einen Monitor weitergeleitet und dort gespeichert. Diese viel versprechende Technologie wird leider noch nicht in industriellem Maßstab eingesetzt und ist deshalb im Moment noch entsprechend teuer.

Abb. 5 ZIM Sonde

Der geübte Blick des Winzers

Tabelle 1 bietet einen Überblick über alle hier besprochenen Messsysteme inklusive ihrer Kosten. Bei aller Technik jedoch ist die einfachste und günstigste Methode zur Überwachung des Wasserstatus der Reben die regelmäßige Beobachtung aller Parzellen in Kombination mit Wetterdaten und Wetterprognosen. Der erfahrene Winzer hat ein Auge dafür, wann seine Reben zu hohem Wasserstress ausgesetzt sind:

  • Wenn die Blätter über die Mittagszeit welken,
  • Wenn sich die ältesten Blätter aufzuhellen beginnen und abfallen
  • Wenn das Wachstum stagniert
  • Wenn junge Ranken sich zu strecken beginnen, um dann zu vergilben und abzufallen
  • Wenn die Beeren ihre Entwicklung stoppen

All dies sind untrügliche Zeichen für Trockenstress. Auch der Zustand der Begrünung kann wertvolle Hinweise liefern: wenn flach wurzelnde Kräuter welk werden, ist das Wasser im Oberboden bereits aufgebraucht. Stellen tiefer wurzelnde, ausdauernde Kräuter ihr Wachstum ein, ist dies ein Hinweis auf deutlich reduzierte Wasserreserven des Bodens.

Tab. 1 Übersicht über verschiedene Bodenfeuchte-Messysteme (Quelle: D.Rupp)

Literatur

Westhoff  M, Reuss R, Zimmermann D, Netzer Y, Gessner A, Geßner P, Zimmermann G, Wegner LH, Bamberg E, Schwartz A & Zimmermann U (2009): A non-invasive probe for online-monitoring of turgor pressure changes under eld conditions. Plant Biology 11 (2009) 701–712
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg
http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/menu/1158034/index.html

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