Wer waren die ersten Winzer? -Teil II

von Tim von Lindenau

Die Anfänge der frühen Weinkultur lassen immer noch viele Fragen offen. Zwar lässt sich anhand verschiedener Funde bereits einiges über die ersten Winzer sagen, doch in Anbetracht der weltweit verstreuten Ursprünge verliert man leicht den Überblick. Schweizer, Ägypter, Kaukasier, Griechen, Chinesen - sie alle

trugen zum Ursprung der Weinkultur bei. Aber wer hat den ersten Wein gekeltert?

Folge2:

Trotz des nur stichprobenartig von der Forschung zusammengetragenen (und daher lückenhaften) Wissens über die Ursprünge des kultivierten Weinanbaus, ist die Fülle von Informationen zu diesem Thema kaum zu überblicken. In regelmäßigen Abständen werden Thesen gestürzt und neue erbaut, während die Zeit, in der der Weinbau begonnen haben soll, immer weiter in die Vergangenheit zurückwandert. Um dem wahren Ursprung im Gewirr der Spekulationen näher zu kommen, muss man zunächst die archäologischen Fakten betrachten.

Die neuesten Schlagzeilen machen derzeit die Schweizer: Im Wallis wurden anhand von Pollenfunden wilde Reben aus einer Zeit von vor 9000 Jahren nachgewiesen. Leider wurden sie in den Schlagzeilen direkt mit dem Weinbau in Verbindung gebracht, der allerdings nur bis 800 v.u.Z. zurückzuverfolgen ist (wenigstens haben die Schweizer somit den Wein kultiviert, bevor die Römer mit der gleichen Idee über die Alpen kamen, was manchen Schweizer Weinfreund erfreuen dürfte). Allerdings haben wir es hier wieder mit dem üblichen Problem zu tun, welches den Weinbau vom kultivierten Anpflanzen abhängig macht. Nur weil man vor 800 v.u.Z. keine kultivierten Weinberge im Wallis besaß bzw. man diese bislang nicht nachweisen konnte, heißt das nicht, dass es vor dieser Zeit in der Schweiz noch keinen Wein gab. Das Sediment des Lac du Mont d'Orge oberhalb von Sion brachte jedenfalls die aktuelle Erkenntnis über den frühen Weinbau im Wallis zu Tage. Die Schweiz darf sich also dank der Archäobotanikerin Dr. Lucia Wick zu jenen Ländern zählen, die mit auf der offiziellen Liste der Urwinzer stehen.

montorge
Mont d'Orge im Wallis

Die alten Griechen waren den Schweizern allerdings um Längen voraus. Hier waren es die Minoer, die auf Kreta den ersten Wein anbauten. Schon im Jahre 2400 v. Chr. gab es in Griechenland gesetzliche Vorschriften zum Weinbau, die bei Missachtung unter Strafe verfolgt wurden. Jede Amphore wurde gestempelt, versteuert und die Herstellung des Weins genau festgelegt. Dies diente neben dem Füllen der Staatskassen auch der hohen Qualität des Weines, die Vorbild für den Weinbau in aller Welt werden sollte. Man veredelte die Reben, entwickelte nach der Sonne und dem Wind anforaausgerichtete Spaliersysteme und konservierte den Wein, indem man die Tongefäße, in die er gefüllt wurde, mit Harz ausstrich. Auch der deutsche Weinbau findet seine Ursprünge auf Kreta, da die Römer das Wissen um den Weinbau der Griechen fast dreitausend Jahre später an Rhein und Mosel einsetzten.

Auch bei den alten Griechen gilt: der tatsächliche Ursprung des Kelterns wurde bislang nicht nachgewiesen. Wenn es schon 2400 v. Chr. Gesetze zum Weinbau gab, kann man sich sehr gut vorstellen, dass der kultivierte Weinbau dort schon wesentlich älter war.

Damit kommen die Griechen den Georgiern recht nahe, die ungefähr zur gleichen Zeit den Anbau der Reben professionell betrieben. Viele Schriften besagen jedenfalls, dass die Georgier schon vor den Griechen den Weinbau kultivierten und dieser sich über den heutigen Irak bis nach Griechenland ausbreitete. In dem Fall wundert man sich allerdings, dass es den ersten Weinbau in Griechenland auf Kreta gegeben haben soll und nicht im Landesinneren. Tatsache bleibt jedoch, dass die ältesten Spuren georgischer Reben auf 3000 v. Chr. datiert wurden. Vergleichbare aussagekräftige Bodenproben aus Griechenland sind nicht bekannt, ein eindeutiges Urteil im Rennen um den ersten Weinbau zwischen Georgien und Griechenland ist daher nicht möglich.

In der nächsten Folge geht es unter anderem nach Ägypten, Afghanistan und nach China.

Zum ersten Kapitel der Serie: "Urgeschichte des Weines" (hier)

  • Wenger Luc
    22.02.2009 15:31

    Weinbau muss eine der ältesten Tätigkeiten der Menschheit sein: laut biblischen Berichten hatte jedenfalls schon Noah (siehe auch Archenbau) Probleme damit: er konnte seine Grenzen nach langem Genuss von Milch und Wasser wohl nicht präzis genug einschätzen.

    Als Mensch des 21 Jahrhunderts, Geniesser und Autofahrer weiss ich darüber mehr: Gott sei Dank!

  • Marcel Coray
    24.02.2009 13:16

    Schweizer keinesfalls. Denn es handelte sich in der Frühzeit der Weinbereitung eher um Kelten, Helvetier. Später stiessen
    Stämme aus Nord und Süd dazu. Und dann wurde wohl auch der Gen der Langsamkeit bemerkbar, gegenwärtig im Gespräch wegen des des Themas "Steuerbetrug" / USA-Finanzverwaltung.
    Hingegen: Wein verlangt Bedächtigkeit bei der Herstellung und beim Genuss.

  • rolf kaufmann
    24.02.2009 17:21

    Danke, Marcel Coray, für die Berichtigung hinsichtlich der Kelten. Eine ähnliche ist nötig für die Griechen, die um 2400 v.Chr. vielleicht irgendwo in den Tiefen Russlands nomadisierten und wo möglich noch nicht einmal wussten, dass sie 'Griechen' waren.
    In Griechenland existierte zu dieser Zeit die sog. altminoische Kultur, deren Schrift bis heute noch nicht entziffert ist, während das Linear B (heute verständlich) doch tausend Jahre jünger ist. Ob die Bevölkerung Griechenlands im 3. Jahrtausend v. Chr. schon "griechisch" war, ist nicht bekannt (die Einwanderung der dorischen Griechen fällt in die Zeit 1500 bis 1000 v.Chr). Bezeugt ist jedoch, dass Rebstock und Wein in der minoischen Kultur bekannt waren, bezeugt sind ebenso die engen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen sowohl mit der ägyptischen als auch der urindischen Hochkultur über die ganze Periode.
    Ithaka (schon minoisch!) ist eine tolle website, ich wünsche mir, auch wenn es 'nur' um die prähistorische Weinkultur geht, eine etwas weniger saloppe Präsentierung!

  • Martin Stutz
    25.02.2009 19:17

    salopp... Naja, genau genommen habt ihr da natürlich recht, doch scheint es dem Autor eher darum zu gehen, die Ursprünge des Weinbaus auf eine Weise zu beschreiben, die nicht nur geografisch, sondern auch bildhaft zu verstehen ist.
    Von den Bauern, die vor 9000 Jahren im Wallis wohnten, kennt man doch wirklich höchstens das Bergpanorama, das sie von ihren Hütten aus sahen. Da mag man sich streiten, wie man sie benennen sollte, Helvetier, Kelten. Es waren Alpenvölker und die Alpen zwischen Berner Oberland und Wallis nennt man Schweizer Alpen, obwohl die Schweiz zur Zeit der geologischen Formation auch noch kein Staatsoberhaupt hatte.

    Salopp oder nicht ... ich finde den Artikel leicht verständlich und sehr spannend. Eine wissenschaftliche Abhandlung scheint es nicht zu sein. Freue mich auf die Fortsetzung.

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